Fiskalpaktkonferenz: Appell zur Stärkung des fiskalpolitischen Rahmens

Neils Thygesen, Gottfried Haber und Othmar Karas plädieren für mehr Nachhaltigkeit in der europäischen Haushaltspolitik

Wien (PK) „Wir müssen die derzeit günstige konjunkturelle Lage für eine nachhaltige Haushaltspolitik in Europa nutzen“. Mit diesem Appell gab Niels Thygesen, der Vorsitzende des Europäischen Fiskalausschusses, das Motto für die erste Diskussionsrunde im Rahmen der Interparlamentarischen Fiskalpaktkonferenz in Wien vor, in deren Mittelpunkt die Implementierung eines fiskalpolitischen Rahmens stand. Auch der Vorsitzende des österreichischen Fiskalrats, Gottfried Haber, forderte robustere Fiskalregeln, die seiner Meinung nach aber Spielräume für zyklische Korrekturen seitens der Nationalstaaten bieten sollten. Für einen weiteren Ausbau des Europäischen Semesters sprach sich der österreichische EP-Abgeordnete Othmar Karas als stellvertretender Vorsitzender der Konferenz aus, wobei er argumentierte, eine gemeinsame Währung brauche eine gemeinsame Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik.

Thygesen: Union muss Zeitfenster nutzen

In den EU-Staaten sei bis in die Achtzigerjahre eine Haushaltspolitik betrieben worden, die die Wirtschaftszyklen eher verstärkt als gedämpft hatte, gab Niels Thygesen in seinem Einleitungsstatement zu bedenken. Erst der Vertrag von Maastricht habe einen stabilisierenden Rahmen gelegt, der auf langfristige Nachhaltigkeit ausgerichtet war. Thygesen wies auf die überwiegend positiven makroökonomischen Indikatoren hin und betonte, der derzeit breite wirtschaftliche Aufschwung in der Euro-Zone biete nun die Möglichkeit für eine nachhaltige Haushaltspolitik im Sinne fiskalpolitischer Stabilität. Nach den Worten des Vorsitzenden des Europäischen Fiskalausschusses gilt es vor allem, vor dem Hintergrund der guten Konjunktur fiskalpolitische Puffer zu setzen. In der Vergangenheit habe man immer wieder den Fehler gemacht, gute Zeiten als Anlass für zusätzliche Ausgaben und Steuererleichterungen zu nehmen. Dies dürfe jetzt nicht mehr geschehen, mahnte er. Es brauche vielmehr stärkere, aber einfachere und vor allem flexiblere Fiskalregeln, die dann auch von allen Mitgliedsstaaten eingehalten werden, umriss Thygesen seine Vorgaben für den kommenden Fiskalpakt.

Haber: Klare Regeln, aber Spielräume für die einzelnen Staaten

Für einen robusten fiskalpolitischen Rahmen mit klaren Regeln, innerhalb derer aber der Spielraum für die einzelnen Mitgliedsstaaten so groß wie möglich gehalten werden sollte, warb auch Gottfried Haber. Der Vorsitzende des österreichischen Fiskalrates warnte in diesem Sinn davor, sich nur auf die Zahlen zu konzentrieren, und meinte, die einzelnen Staaten müssten vielmehr auch die Möglichkeit haben, zyklische Korrekturen vorzunehmen und entsprechende Projekte zu finanzieren. Insgesamt gehe es darum, die Nachhaltigkeit der Haushaltspolitik in Europa langfristig zu verbessern. Haber erwartet sich beim Ringen um den Fiskalpakt eher eine politische Diskussion, zumal es, wie er zu bedenken gab, ja nicht nur um Wirtschaftspolitik, sondern auch um die Verteilung unter den Mitgliedsstaaten der Union geht. Was die Rolle der nationalen Parlamente betrifft, forderte er eine Erhöhung der Transparenz. Auch sollten die Regierungen ihre Überwachungsbefugnisse ausbauen, schlug er vor.

Karas setzt auf den Ausbau des Europäischen Semesters

Die gemeinsamen Antworten auf die Finanzkrise haben Früchte getragen, der Euro ist heute stärker als 2008. Für Othmar Karas, den stellvertretenden Vorsitzenden der Konferenz, zeigt dieser Befund, dass Europa auch die schwierigsten Aufgaben bewältigen kann, wenn es dazu einen gemeinsamen politischen Willen gibt. Mit der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion sei man aber noch nicht fertig, Europa habe die Lehren aus der Krise noch nicht konsequent genug gezogen. Es wäre trügerisch, jetzt wieder zur Tagesordnung überzugehen, nur weil Griechenland den Rettungsschirm verlassen hat, dämpfte Karas allzu großen Optimismus. Für das Funktionieren einer gemeinsamen Währung brauche es gesunde öffentliche Haushalte, ein gemeinsames Budget, gemeinsame Wirtschafts- und Steuerpolitik sowie gemeinsame fiskalpolitische Regeln, steht für den österreichischen EP-Abgeordneten fest. Karas unterstrich aus dieser Sicht die Bedeutung des Europäischen Semesters, das seiner Meinung nach nun weiter ausgebaut werden sollte. Unerlässlich sei darüber hinaus auch ein Sanktionsmechanismus gegenüber jenen Staaten, die die gemeinsamen Beschlüsse nicht einhalten. Karas will zudem die nationalen Parlamente in das Europäische Semester einbinden und spricht sich ferner dafür aus, die Maßnahmen, die im Gefolge der Krise gefasst wurden, in das Unionsrecht überzuführen.

Europa muss gemeinsam handeln

Dass in Europa gemeinsame Anstrengungen zur Bewältigung der wirtschafts- und fiskalpolitischen Herausforderungen getroffen werden müssen, zog sich wie ein roter Faden durch die anschließenden Debattenbeiträge der Abgeordneten. Aus Portugal, aber auch aus den Niederlanden und Griechenland etwa kam der Ruf nach einer Vervollständigung der Bankenunion. Ein Vertreter Zyperns plädierte für die Schaffung eines europäischen Währungsfonds nach dem Vorbild des Internationalen Währungsfonds. Mehrere Abgeordnete gaben zu bedenken, bei der Diskussion über die fiskalpolitische Stabilität dürfe die soziale Dimension nicht vergessen werden. Ein Parlamentarier aus Deutschland schließlich rief dazu auf, angesichts der ESM-Reform die Rechte der nationalen Parlamente sicherzustellen. (Fortsetzung Fiskalpaktkonferenz) hof

HINWEIS: Fotos von dieser Konferenz finden Sie auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/SERV/FOTO/ARCHIV .

Rückfragen & Kontakt:

Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl

[ad_2]

Quelle

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at

(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender.