Europa muss über seine Werte diskutieren

Free Market Road Show® stoppte in Wien: Prominent besetzte Podiumsdiskussion über europäische Werte im Kontext der Wirtschaft. Ein kurzer Rückblick.

Wien (OTS) Was Karl Marx wollte, hätten Kapitalismus und freie Marktwirtschaft tatsächlich gebracht: Massenwohlstand. Ein neuer Klassenkampf zwischen unterschiedlichen (Wirtschafts-)Systemen sei aber heute nicht mehr angebracht – es geht um ein Miteinander. Dafür braucht es jedoch auch eine Debatte über die gemeinsamen Werte und Ziele innerhalb Europas. Eine Diskussion, die aber in der EU trotz des bevorstehenden Brexit noch viel zu wenig geführt wird.

Spannende, mitunter auch gegensätzliche Antworten gab es bei der Panel-Diskussion über „Europäische Werte im Kontext der Wirtschaft“ im Rahmen der „Free Market Road Show“ (FMRS), die dieser Woche in Wien Halt machte. Eine prominent besetzte Podiumsrunde diskutierte im „Haus der Industrie“ über Folgen und Chancen des Brexit sowie über das bröckelnde Wertefundament Europas. „Values, what values?“ ist das Generalthema der diesjährigen Free Market Road Show®. Die Konferenzreihe – entwickelt vom Austrian Economics Center – tourt seit April durch mehr als 40 europäische Städte (mehr Info unter:
www.freemarket-rs.com).

Briten wollen ihre Souveränität

„In London ist klar – Brexit is Brexit“, machte der englische Journalist Jonathan Isaby, Gründer und Leiter der Onlineplattform „Brexit Central“, Hoffnungen in Kontinentaleuropa, die Briten könnten es sich doch noch anders überlegen, zunichte. Die Scheidung sei „nötig, denn wir Briten wollen unsere Souveränität wieder haben, die wir 40 Jahre lang nicht mehr hatten, wir wollen unser eigenes Schicksal wählen.“ Die EU habe ihr propagiertes Ziel, für mehr Freiheit und Prosperität zu sorgen, nie erreicht. Und, so Isaby, das britische Volk habe der immer enger werdenden Staatenunion nie zugestimmt.

„Ich bin sehr zuversichtlich, dass England alleine stehen kann“, sagte Jonathan Isaby. Das zeige sich schon daran, dass bisher keine der nach dem Brexit-Votum prophezeiten Horrorszenarien eingetreten sei: „Wir haben seit 2016 ein kontinuierliches, höheres Wirtschaftswachstum, die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Niveau seit den 1970er-Jahren, es gab keinen Exodus von Investoren. Im Gegenteil, im Technologiebereich etwa sind die Investitionen doppelt so hoch wie vor dem Referendum.“

No lessons learned

„Der Brexit ist wie eine Scheidung, die muss auch wehtun“. Das meint Michael Jäger, Generalsekretär der „Taxpayers Association of Europe“. Aber eines müsse klar sein: „Um die gemeinsamen Kinder muss man sich auch nach der Scheidung kümmern.“ Soll heißen, für gewisse Dinge werden die Briten nach erfolgter Trennung weiter zahlen müssen.

Der Brexit sei ein Schlag für viele Europäer gewesen. Doch, so Jäger, die EU habe bisher wenig dafür getan, um den Menschen die Union, ihre Werte wieder näher zu bringen: „No lessons learned“. Was sind die gemeinsamen Werte und Ziele? Was soll auf europäischer Ebene gelöst werden, was bleibt besser den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen? Jäger: „Sicher keine gemeinsamen Steuern, das ist der falsche Weg. Wir wollen Wettbewerb.“ Gemeinsame Lösungen brauche es etwa bei den Themen Migration und Verteidigung. Die Antwort auf die Frage aus dem Publikum, ob nicht andere Mitgliedsländer sich am Brexit ein Beispiel nehmen könnten: „Die Schwachen haben kein Interesse daran, die EU zu verlassen und die Starken, gerade jene in der Eurozone, können nicht, das sie die Zeche zahlen müssten.“

Um Werte kämpfen

Der Frage, ob das verbindende Wertefundament Europas zerbröckelt, ging das Podium in einer zweiten Runde nach. „Es muss geklärt werden, welche Werte das sind“, sagte NEOS-Nationalratsabgeordneter Douglas Hoyos. Zu den Grundpfeilern gehörten sicher die Menschenrechte und die liberale Demokratie. „Doch hier sehe ich ein Problem, wenn etwa der Herr Orban nun von einer christlichen Demokratie spricht und es dafür keine Konsequenzen gibt.“ Die EU sei verpflichtet, um „diese Werte zu kämpfen, sie zu erhalten.“

Für den ehemaligen FPÖ-National- und Europaabgeordneten Wolfgang Jung gehören Werte wie die Glaubwürdigkeit der EU hinterfragt: „Was ist denn zum Beispiel mit Schengen, bei meiner jüngsten Reise nach Barcelona musste ich durch fünf Passkontrollen.“ Andere Werte wie Disziplin, Pünktlichkeit „gehen den Bach runter.“ Es fehle eine Wertediskussion, die EU „ist zu weit von der Bevölkerung entfernt.“

Wie unterschiedlich Werte in den EU-Ländern gesehen werden, wie unterschiedlich Menschen zur Regulierungen des freie Markts stehen, wusste Bernhard Krumpel, Leiter der Kommunikation beim Glückspielkonzern Novomatic, zu berichten: „Wir sind in 75 Ländern aktiv, in manchen ist Glücksspiel praktisch überall möglich, in anderen gibt es fast ein Totalverbot.“ Der Konzern habe eine Vorgangsweise: Man engagiere sich nur in Märkten, die klare Regulierungen bieten.

Emotionen und Fakten

„Auf Solidarität, Gerechtigkeit und Vertrauen braucht es neue Sichtweisen, eine neue Wertediskussion ist notwendig“, sagte Clemens Wallner, Wirtschaftspolitischer Koordinator in der Industriellenvereinigung. Werte seien eng mit Emotionen verknüpft. Da müssten gerade „wir Liberalen aufpassen, dass wir diese in der Diskussion nicht völlig weglassen.“ In Europa gebe es jedoch schon einen Überhang in der Debatte zu Verteilungsgerechtigkeit und sozialer Gerechtigkeit.

„Man darf nicht in die emotionale Falle hineintappen“, erklärte Barbara Kolm, Präsidentin des Hayek-Instituts sowie Direktorin des Austrian Economics Center. Die Diskussion über Werte „muss man schon anhand von Zahlen, Daten, Fakten führen.“ Dabei müssen auch unbequeme Wahrheiten ausgesprochen werden: „Gleichheit vor dem Gesetz muss es für alle geben, aber permanente Umverteilung im Namen der „soziale Gerechtigkeit“ auf Kosten Dritter ist utopisch.“ Denn Gleichheit und Gerechtigkeit sind nicht das Selbe. Kolm: „Es ist wie ihm Sport -alle treten zu denselben Bedingungen an, doch jeder hat unterschiedliche Voraussetzungen und daher verschiedene Ergebnisse.“

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