EU-Unterausschuss des Nationalrats beschließt Stellungnahme zu EU-Industriestrategie-Überarbeitungsprozess

Abgeordnete erörtern mit Ministerin Schramböck europäische Strategien für Industrie, KMU und faire Wettbewerbsbedingungen

Wien (PK) Wirtschaftsthemen standen heute auf der Tagesordnung einer Sitzung des Ständigen Unterausschusses in EU-Angelegenheiten. Konkret befassten sich die Abgeordneten mit Strategien der Union für Industrie und KMU. Ziel ist es dabei jeweils, eine gemeinsame Antwort auf die Herausforderungen des digitalen und ökologischen Wandels zu entwickeln und insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken. Weiteres Thema war die Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen im Zusammenhang mit Subventionen aus Drittstaaten.

ÖVP und Grüne brachten im Ausschuss einen Antrag auf Stellungnahme ein, der neben jener der Koalitionsparteien auch die Zustimmung der NEOS fand. Die österreichische Bundesregierung wird dazu aufgefordert, sich auf europäischer Ebene aktiv in den Überarbeitungsprozess der EU-Industriestrategie einzubringen, der im ersten Halbjahr 2021 geplant sei. Es gehe darum, als Vorreiter in der Umsetzung des Grünen Deals und des Pariser Übereinkommens bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu werden, so der Antrag, der dazu zwölf Punkte zur strategischen Ausrichtung umfasst.

EU-Industriestrategie als Reaktion auf den ökologischen und digitalen Wandel

Mit einer Industriestrategie will die Europäische Union eine Industriepolitik schaffen, die den digitalen und ökologischen Wandel unterstützt, die EU-Industrie weltweit wettbewerbsfähiger macht und dabei Europas strategische Autonomie stärkt. Das Papier – es handelt sich um eine Mitteilung der Europäischen Kommission vom März 2020 – ist dabei vom Bekenntnis zur weiteren Vertiefung des Binnenmarkts getragen und setzt zudem auf die Forcierung der Digitalisierung und die Weiterverfolgung der Europäischen Datenstrategie. Großen Stellenwert räumt die Kommission darüber hinaus der Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen ein, wobei hier vor allem auch eine Initiative gegen wettbewerbsverzerrende ausländische Subventionen ins Auge gefasst wird. Beim ökologischen Wandel geht es der Union darum, die Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen. Zur Debatte steht zudem auch ein Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft. Weitere wichtige Punkte des Papiers sind die Förderung von Forschung und Innovation – angestrebt werden hier etwa öffentlich-private Partnerschaften im Rahmen von „Horizont Europa“ – und nicht zuletzt auch eine Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen sowie die Etablierung einer Kapitalmarktunion.

Als eine der größten Herausforderungen in einer Industriestrategie gelte es, dem Klimawandel gegenzusteuern und zugleich Arbeitsplätze abzusichern, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck im Ausschuss. Das Ziel sei, durch Digitalisierung und Innovation in Richtung sauberer Industrie zu arbeiten, in der die Menschen Beschäftigung finden. Als Punkte mit Verbesserungspotenzial im Hinblick auf eine Überarbeitung der Strategie nannte sie etwa offene Fragen einer systematischen Umsetzung. Eine Schwerpunksetzung brauche es ihres Erachtens mit einem starken Fokus auf „Made in Europe“, was auch Georg Strasser (ÖVP) thematisierte. Zur Stärkung strategischer europäischer Wertschöpfungsketten im Rahmen von IPCEI (Important Project of Common European Interest) würde sie sich einen Beitrag der EU wünschen, so die Ministerin. Sie sehe positiv, dass man sich stark auf Forschung und Entwicklung konzentriere, es müsse aber auch die Produktion in Richtung Digitalisierung unterstützt werden. Sie setze sich zudem für den Bereich Life Science ein, nicht zuletzt aufgrund der Situation, die die Corona-Krise aufgeweckt habe. Was energieintensive Industrien betreffe, sollten diese aus ihrer Sicht jedenfalls Teil der Strategie bleiben, um sie mittel- bis langfristig zu umweltfreundlicher Produktion zu bringen. Ein etwa von Christoph Matznetter (SPÖ) thematisiertes CO2-Grenzausgleichssystem halte sie an sich für eine gute Idee. Es gelte hier aber, vielfältige Aspekte wie bestehende Handelsabkommen zu berücksichtigen, pflichtete die Ministerin Matznetter bei.

Während Gerhard Deimek (FPÖ) etwa Zweifel äußerte, ob die Sektorenintegration der Energiequellen zum Green Deal endgültig durchdacht sei, warf Nikolaus Scherak (NEOS) die Frage der unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen der Körperschaftssteuer und damit grenzüberschreitender Hindernisse durch unterschiedliche Steuersätze auf. Elisabeth Götze (Grüne) brachte den Antrag auf Stellungnahme ein und nannte aus den zwölf enthaltenen Punkten unter anderem die Forderung, dass der EU-Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft ambitioniert umgesetzt werden soll. Wichtig sei auch die Weiterentwicklung der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie, um die Reparatur von Produkten attraktiver zu machen, sowie die Sozialverträglichkeit des ökologischen und digitalen Wandels. Eva Maria Holzleitner (SPÖ) meinte für ihre Fraktion, bei diesem Antrag nicht mitgehen zu können, da unter anderem das Thema ArbeitnehmerInnen fehle.

Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Zentrum der KMU-Strategie

Der Übergang der Europäischen Union zu einer nachhaltigen und digitalen Wirtschaft fordert auch die Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU). Ziel der KMU-Strategie als Teil der Industriestrategie ist es, die Zahl der KMU, die nachhaltige Geschäftspraktiken übernehmen, sowie die Zahl der KMU, die digitale Technologien einsetzen, deutlich zu erhöhen und insgesamt Europa zum attraktivsten Standort für die Gründung von Kleinunternehmen zu machen. Die Strategie baut dabei auf den Grundlagen des bestehenden Rahmens für die KMU-Politik und den Förderprogrammen der EU auf, insbesondere auf dem Small Business Act, der Start-up- und Scale-up-Initiative, dem Programm für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für kleine und mittlere Unternehmen (COSME) und den im Zuge des Programms „Horizont 2000“ und der europäischen Struktur- und Investitionsfonds finanzierten Maßnahmen zur Unterstützung von KMU.

Konkret geht es bei der KMU-Strategie um den Kapazitätsaufbau und die Unterstützung des Übergangs zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung, den Abbau der regulatorischen Hürden und die Erleichterung des Marktzugangs sowie um die Verbesserung des Zugangs zu Finanzierungsmöglichkeiten, wie auch Ministerin Schramböck hervorhob. Durch einen sehr hohen Anteil an KMU seien die Industrie- und KMU-Strategien für Österreich durchaus stark verbunden, meinte Schramböck weiters. Gewerbe und Industrie würden hier eng zusammenhängen. Zu Fragen der Abgeordneten im Hinblick auf die Corona-Krise erörterte die Ministerin etwa, dass in Österreich 65% der Investitionsprämienanträge von Kleinstunternehmen stammen, nur 8% davon seien von Großunternehmen. Das Wichtigste sei jetzt, die Strukturen der Unternehmen zu erhalten, damit es weniger Insolvenzen geben wird, als viele erwarten.

Europäische Union sucht Instrumente gegen wettbewerbsverzerrende Subventionen aus Drittstaaten

Subventionen aus Drittstaaten können eine verzerrende Wirkung auf den EU-Binnenmarkt ausüben und den fairen Wettbewerb zum Vorteil der Begünstigten untergraben. Vor diesem Hintergrund wurde nun ein Weißbuch betreffend die Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen bei Subventionen aus Drittstaaten entwickelt, mit dem die Union eine breit angelegte Diskussion mit den Mitgliedstaaten, der Wirtschaft, den Sozialpartnern, aber auch mit Organisationen der Zivilgesellschaft anstoßen will. Das Papier befasst sich mit der bestehenden Rechtslage für den Umgang mit Subventionen aus Drittstaaten und erörtert auch die Frage von Regelungslücken. Im Fokus stehen dabei Drittstaatssubventionen mit wettbewerbsverzerrender Wirkung auf das allgemeine Marktverhalten, auf den Erwerb von EU-Unternehmen und auf öffentliche Auftragsverfahren, sowie Subventionen aus Drittstaaten im Zusammenhang mit dem Zugang zu EU-Förderungen. Konkret schlägt die Kommission drei Module zur Gegensteuerung vor: ein Instrument zur Untersuchung von Subventionen durch Drittstaaten durch eine Art Ex- post-Kontrolle, die Untersuchung von Investitionen mithilfe von ausländischen Subventionen sowie möglicher Marktverzerrungen durch subventionierte Bieter im Vergabeverfahren.

Viele Unternehmenskäufe würden mit staatlichen Geldern getätigt, warf Ministerin Schramböck auf. Es gelte, darauf ein Auge zu haben. Ein überarbeitetes Vergaberecht würde Europa darüber hinaus ermöglichen, regionale Wirtschaft zu unterstützen. Die Vergabe sei ein wichtiger Schlüssel, zu dem sie sich aktiv einbringen will, wie sie betonte. Gegenüber Maria Theresia Niss (ÖVP) sagte die Ministerin, das Weißbuch stelle einen Beginn dar, Legislativvorschläge sollen ab dem zweiten Quartal 2021 folgen. Die konkreten Anregungen der Abgeordneten aus der Debatte werde sie mitnehmen, so Schramböck.

So wandte Christoph Matznetter (SPÖ) ein, es gelte bei dem Thema mit Vorsicht und Sorgfalt vorzugehen, da Gegenmaßnahmen anderer Staaten nicht auf sich warten lassen würden. Während Petra Steger (FPÖ) im Hinblick auf eine Gefahr des Ausverkaufs europäischer Unternehmen das Weißbuch als unterstützenswert bezeichnete, sprach sich Nikolaus Scherak (NEOS) dafür aus, in der Vergabe das nachhaltigere Bestbieterprinzip gegenüber einem reinen Billigstbieterprinzip zu unterstützen. Michel Reimon (Grüne) gab zu bedenken, ein künftiges Konzept gegenüber Drittstaaten sollte auf ökologische Subventionen Rücksicht nehmen, damit es nicht in die Richtung gehe, dort ökologische Entwicklungen zu unterbinden. (Schluss) mbu/hof


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