„Einige positive Entwicklungen, aber das Ziel in weiter Ferne!“

Trotz einer F&E-Quote von 3,15 Prozent wird Österreich am selbstgesteckten Ziel, in die Gruppe der Innovation Leaders vorzustoßen, wegen der Input-Output-Diskrepanz scheitern.

Es wurden 2011 in der FTI-Strategie der Bundesregierung zwar die richtigen Ziele formuliert, doch danach fehlte der Wille zur Umsetzung. Einmal mehr scheitern wir folglich aufgrund von Mutlosigkeit einerseits und Ineffizienz andererseits

Hannes Androsch

Aus diesem Missverhältnis zwischen eingesetzten Mitteln und daraus generierten Ergebnissen lässt sich“, so Androsch, „vor allem eines schließen: die mangelnde Effizienz der österreichischen Innovationsaktivitäten

Hannes Androsch

Wien (OTS) „Es wurden 2011 in der FTI-Strategie der Bundesregierung zwar die richtigen Ziele formuliert, doch danach fehlte der Wille zur Umsetzung. Einmal mehr scheitern wir folglich aufgrund von Mutlosigkeit einerseits und Ineffizienz andererseits“, fasst der Vorsitzende des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, Dr. Hannes Androsch, die Ergebnisse des aktuellen Berichts zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs zusammen. Wesentlichste Aussage des heute präsentierten Reports: Trotz einer F&E-Quote von 3,16 Prozent des BIP im Jahr 2018 wird es Österreich bis 2020 nicht gelingen, in die Gruppe der Innovation Leader vorzudringen. Den ausschlaggebenden Grund dafür sieht der Ratsvorsitzende in der Diskrepanz zwischen dem Innovations-Input und dem Innovations-Output. „Aus diesem Missverhältnis zwischen eingesetzten Mitteln und daraus generierten Ergebnissen lässt sich“, so Androsch, „vor allem eines schließen: die mangelnde Effizienz der österreichischen Innovationsaktivitäten“.

Wie schon in den vergangenen Jahren betont der Forschungsrat in seinem Bericht, dass es in einigen Bereichen des Innovationssystems durchaus Aufwärtstrends zu verzeichnen gibt, die auch entscheidende Verbesserungen bringen. Insgesamt jedoch bleibt Österreich deutlich hinter den Entwicklungen der führenden Innovationsnationen zurück, weshalb auch der Abstand zur Gruppe der Innovation Leader nicht kleiner, sondern größer wird.  

Innovationseffizienz: höhere Input- als Outputdynamik

Mit einer Forschungsquote von 3,15 Prozent für das Jahr 2016 (das aktuellste Jahr mit EU-Vergleichsdaten)[1] liegt Österreich in der EU hinter Schweden an zweiter Stelle, um mehr als einen Prozentpunkt höher als der Durchschnitt der EU-28 (2,0 Prozent) sowie weltweit unter den fünf bestplatzierten Ländern. Vor Österreich befinden sich lediglich Israel und Südkorea mit einer F&E-Quote von rund 4,2 Prozent sowie Japan (4 Prozent) und Schweden (3,3 Prozent).

Dem gegenüber steht die Platzierung Österreichs im European Innovation Scoreboard (EIS). Hier  liegt Österreich derzeit auf Rang 7 in der EU (Rang 9 bei Berücksichtigung der Nicht-EU-Mitglieder Schweiz und Island) und übernimmt damit neuerlich den Lead in der Gruppe der Strong Innovators. Mit der Rückkehr an die Spitze der Verfolgergruppe steht Österreich allerdings exakt an derselben Position, auf der es bereits vor neun Jahren zum Zeitpunkt der Erarbeitung der FTI-Strategie rangierte. In diesen neun Jahren ist es augenscheinlich nicht gelungen, der strategischen Zielsetzung näher zu kommen und Plätze gutzumachen, geschweige denn in die Gruppe der führenden Innovationsnationen vorzustoßen, so wie es die FTI-Strategie vorsieht. Der Abstand zu den Innovation Leaders liegt heute – nach Jahren des Rückfalls bzw. der Stagnation – wieder auf dem Niveau von 2009.

Betrachtet man weitere wichtige internationale Rankings zu Innovationsperformance und Wettbewerbsfähigkeit über den Zeitverlauf der letzten Jahre, so ist in Summe ein stagnierender oder gar rückläufiger Trend zu konstatieren. Auch wenn einzelne Rankings (Global Competitiveness Report 2017-2018, EIS 2017) zuletzt eine Aufwärtsbewegung zeigen, so geht die Entwicklung insgesamt doch eindeutig abwärts. Zumeist liegt Österreich bestenfalls im Mittelfeld, was dem Spitzenplatz im Bereich der F&E-Ausgaben zuwider läuft.

Fazit: Ineffizienzen blockieren die österreichische Innovationsperformance

Vergleicht man die verhältnismäßig hohen finanziellen Inputs mit den daraus generierten moderaten Outputs bzw. Outcomes, so zeigt sich, dass Ineffizienzen die Performance des österreichischen FTI-System blockieren. Es gelingt in Österreich offenbar nur unzureichend, den hohen Input in einen entsprechenden wissenschaftlichen und technologischen Output bzw. in marktfähige Innovationen sowie einen daraus resultierenden geschäftlichen Erfolg umzusetzen. 

Die Ergebnisse des Innovationsmonitorings im Detail: Effizienzbarrieren im Bildungs-, Hochschul-, Gründungs- und Förderungsbereich 

Im Bildungsbereich sind vor allem das Problem der Bildungsvererbung und die hohe soziale Selektivität sowie der mangelnde Ausbau des Ganztagesunterrichts gravierende Effizienz- und Leistungsbarrieren. Gleichzeitig werden im Vergleich zu den führenden Innovationsnationen deutlich schlechtere Leistungen erbracht. Dies trägt insgesamt dazu bei, dass die Input-Output-Relation im Bildungssystem ein deutliches Verbesserungspotential aufweist, das durch strukturelle Reformen ausgeschöpft werden könnte. Dazu braucht es vorschulische Ganztagsbetreuung und vor allem verschränkte Ganztagsschulen mit entsprechender Infrastruktur und genügender Personalausstattung.

  • Hochschulen und Grundlagenforschung

Im Bereich Hochschulen und Grundlagenforschung stellen neben der in Relation zu den führenden Ländern mangelhaften Finanzierungssituation vor allem Probleme im Bereich der Governance der Universitäten und der ungesteuerten Studierendenströme ein Hindernis für die Steigerung der Leistungsfähigkeit dar. Insbesondere die Schieflage im Zusammenhang mit dem Zugang Studierender zu Universitäten und Fachhochschulen steht einer Verbesserung der Performance im Weg. Daneben ist die im Vergleich zu den führenden Ländern wenig wettbewerbliche Vergabe der Mittel für die Grundlagenforschung eine der großen Effizienzbarrieren des österreichischen FTI-Systems. Wichtig wären folglich vor allem ein besseres Betreuungsverhältnis an den Universitäten, mehr wettbewerbliche Forschungförderungseinwerbung und ein Exzellenzprogramm, welches mit rd. 300 Mio. ausgestattet sein müsste.

Im Bereich der innovativen Unternehmensgründungen sind insbesondere die ungünstigen bürokratischen, regulativen und steuerlichen Rahmenbedingungen sowie die unzureichende Verfügbarkeit privater Finanzierung durch Risikokapital oder Crowdfunding als zentrale Effizienzbarrieren zu nennen. Neben den bekannten und gravierenden Problemen des österreichischen Kapitalmarktes sind hier insbesondere Kosten und Dauer der Gründung einer GmbH sowie deren rechtliche Ausgestaltung hervorzuheben (fehlende Finanzierungsmöglichkeiten sowie unzureichende Gründungsregulierung).  

Im Bereich der Forschungsförderung hat sich ein sehr komplexes System etabliert, wie die Fördermittel des Bundes von den Ministerien über die Agenturen bis hin zu den einzelnen Forschungseinrichtungen fließen. Es weist Tendenzen einer Überregulierung, Zersplitterung, unklaren Zuständigkeiten und ein kompliziertes, nicht harmonisiertes Regelwerk für einzelne Instrumente auf, die insgesamt hohe Reibungsverluste erzeugen und einer effizienten Verteilung der Mittel für die Forschungsförderung im Wege stehen. Aufgrund der restriktiven Datenlage in Österreich fehlen jedoch Informationen, wie die Effizienz des gesamten Forschungsfördersystems und vor allem auch die Wechselwirkung zwischen Instrumenten der stark gestiegenen steuerlichen Forschungsförderung und der direkten Forschungsförderung verbessert werden kann.

Österreich besitzt weltweit eine der höchsten Forschungsquoten. Allerdings existieren evidente Schieflagen in der Mittelverteilung, die im Sinne der Effizienzsteigerung des gesamten FTI-Systems dringend korrigiert werden müssen. So liegt der private Anteil an der gesamten F&E-Finanzierung nach wie vor unter dem von der FTI-Strategie intendierten Niveau, was eine laufende Kompensation durch die öffentliche Hand erfordert. Bei den öffentlichen F&E-Mitteln wiederum – insbesondere bei jenen für Hochschulen und Grundlagenforschung – ist eine zunehmende Ungleichgewichtung zwischen Basisfinanzierung und wettbewerblich vergebenen Mitteln zu konstatieren.  

Wesentlichste Empfehlungen des Rates zur Steigerung der Effizienz im Bildungs- und FTI-System 

Im Sinne einer Steigerung der Effizienz des Bildungssystems empfiehlt der Rat, das Problem der Bildungsvererbung und der insgesamt zu hohen sozialen Selektivität prioritär zu adressieren. Dazu empfiehlt der Rat einmal mehr ein Bekenntnis zur gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen sowie den Ausbau der Ganztagsschulen. Weiters müssen gezielte Maßnahmen gesetzt werden, um das Leistungsniveau insgesamt weiter anzuheben. Entgegen einem Gießkannenprinzip empfiehlt der Rat zudem eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung – Stichwort: Unterstützungspersonal – jener Schulen, die mit besonderen Herausforderungen insbesondere hinsichtlich der sozioökonomischen Struktur ihrer SchülerInnen konfrontiert sind (sog. „Brennpunktschulen“).

  • Hochschulen und Grundlagenforschung

Zur Steigerung der Effizienz des Hochschulbereichs empfiehlt der Rat die rasche und konsequente Umsetzung der im Regierungsprogramm verankerten Maßnahmen zur strukturellen Weiterentwicklung des Hochschulraumes und zur Verbesserung der Governance-Strukturen an Universitäten, der Studienbedingungen sowie der Steuerung der Studierendenströme. Weiters empfiehlt er die Steigerung der Hochschulausgabenquote auf zwei Prozent des BIP, sowie eine deutliche Erhöhung der kompetitiv vergebenen Mittel zur Förderung der Grundlagenforschung.

  • Innovative Unternehmensgründungen

Zur Steigerung der Innovationseffizienz empfiehlt der Rat, die administrativen und finanziellen Hürden (ungünstige bürokratische, regulative und steuerliche Rahmenbedingungen) für Unternehmensgründungen gezielt zu beseitigen. Weiters ist das bekannte Problem der unzureichenden Verfügbarkeit privater Finanzierung (Risikokapital, Crowdfunding) durch Entwicklung von Finanzierungsmöglichkeiten für innovative Jungunternehmer und KMU zu adressieren. Um die Beteiligungskapitalintensität von privater Seite weiter zu erhöhen, bedarf es eines geeigneten Rahmens (z.B. entsprechende rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen für Private Equity, u.ä.).

  • F&E-Finanzierung und Forschungsförderung

Nicht nur in Hinblick auf die kommende Finanzierungsperiode der EU empfiehlt der Rat, die heimischen Forschungsförderungsangebote so anzupassen, dass einerseits ein komplementäres Angebot zu den europäischen Rahmenprogrammen geboten und andererseits die Förderlogik harmonisiert und vereinfacht wird. Generell empfiehlt der Rat, in der Forschungsförderung darauf zu achten, überbordende Administration sowie kleinteilige und unübersichtliche Förderangebote zu vermeiden. Einer Steigerung der Effizienz der Forschungsförderung sollte künftig jedenfalls größeres Augenmerk geschenkt werden als bisher.

Der Rat begrüßt das im Regierungsprogramm verankerte Forschungsförderungsgesetz, empfiehlt jedoch eine Prüfung des adäquaten Mitteleinsatzes im österreichischen FTI-System, um die skizzierten Schieflagen in der Mittelverteilung zu korrigieren. Da zudem insgesamt nur 13,4 Prozent aller direkten Bundesförderungen in Österreich in F&E fließen, empfiehlt der Rat außerdem eine Prüfung der budgetären Prioritätensetzung auch im internationalen Vergleich. Ziel sollte sein, die Staatsausgaben deutlich zukunftsorientierter auszurichten.


[1] Laut Globalschätzung der Statistik Austria steigt die F&E-Quote im Jahr 2018 auf  3,19 Prozent.

Rückfragen & Kontakt:

Rat für Forschung und Technologieentwicklung
DI Dr. Ludovit Garzik
Geschäftsführer des Rates für Forschung und Technologieentwicklung
+43 (0)1 713 1414
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