Die Universitäten bluten aus! | VSStÖ, 07.11.2022

Linz (OTS) Gemeinsame Presseaussendung der Betriebsräte der Johannes Kepler Universität (JKU) und von Studierenden der JKU in Form der Fakultätsvertretungen ÖH TNF, ÖH MED, ÖH SOWI sowie dem VSStÖ Linz zur finanziellen Notlage der Universitäten und ihren Folgen: Während dem Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) – einem politischen Prestigeprojekt ohne inhaltlichem Fundament – mehrere Millionen Euro aus der ministeriellen Notreserve zur Verfügung gestellt werden, kämpfen die 22 öffentlichen Unis in Österreich angesichts der hohen Inflation und der stark gestiegenen Energiepreise um jeden Euro. Auch die JKU trifft die derzeitige Teuerungswelle hart und es sind weitere schmerzhafte Einschnitte in ein schon jetzt unterfinanziertes System absehbar.

Der Bildungsstandort Österreich steht vor dem Kollaps. Allein der Johannes Kepler Universität fehlen selbst bei der vom Ministerium angebotenen inflationsbedingten Aufstockung momentan noch immer rund 17 Mio. Euro, um den regulären Betrieb zukünftig aufrechterhalten zu können. Außerplanmäßige Steigerung der Energiekosten und die hohe Inflation bei den Ausgaben für den Unibetrieb sind nicht finanzierbar. Es droht somit, dass wesentliche Stellen für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der insbesondere auch in der Lehre eine große Rolle spielt, nicht nachbesetzt werden. Dieses Kernpersonal spielt auch eine wesentliche Rolle bei der Aufrechterhaltung und ständigen Weiterentwicklung exzellenter Forschung. Unmittelbare Folge sind eingeschränkte Lehrveranstaltungen, die alle, auch die Studierenden, schmerzlich treffen werden. Der Betriebsrat der JKU als Personalvertretung des wissenschaftlichen und allgemeinen Personals der JKU, die ÖH TNF, die ÖH MED, die ÖH SOWI und der VSStÖ appellieren daher an Bildungsminister Polaschek, zu handeln und sich für die ihm unterstellten Universitäten einzusetzen, um die fehlenden finanziellen Mittel sicherzustellen statt illusorische Sparvorschläge über die Presse zu kommunizieren.

Stimmen aus der Johannes Kepler Universität:

Die Vorsitzenden der Betriebsräte für das wissenschaftliche und allgemeine Personal der Johannes Kepler Universität Linz, Bernhard Jakoby und Nadja Aichinger, fassen zusammen:

„Die erfolgreichen Anstrengungen zur Aufrechterhaltung und Ausweitung des Lehr- und Forschungsbetriebs während der Pandemie wurden schon in den vergangenen Jahre nicht honoriert – im Gegenteil, die Wissenschaftler*innen und das allgemeine Personal an den Universitäten wurden sogar schlechter behandelt als vergleichbare Branchen und der öffentliche Dienst. Zu dieser ohnehin schon prekären Situation und der chronischen Unterfinanzierung der Universitäten kommt jetzt noch dazu, dass ein Minister, der die Situation als ehemaliger Rektor besonders gut kennen müsste, sich von den Auswirkungen der Inflation überrascht gibt und nicht in der Lage ist, budgetär massiv gegenzusteuern. Die im freien Fall befindliche Attraktivität von Lehre und Forschung an den Universitäten wird somit nachhaltig weiter geschädigt, junge Talente gehen verloren und dringend benötigtes Personal kann nicht angeworben werden. Im Gegenzug verplempert man lieber die dringend benötigten Mittel für unausgegorene vermeintliche Leuchtturmprojekte wie das IDSA (“TU Linz”).“

Auch Laura S. Otter, Klubvorsitzende der ÖH-Fraktion VSStÖ Linz und Mandatarin in der Universitätsvertretung der ÖH JKU, findet drastische Worte: “Wenn die Bundesregierung nicht schleunigst agiert und die Universitäten finanziell unterstützt, sind die Folgen für die Studierenden an der JKU dramatisch. Es drohen den JKU-Studierenden schwerwiegende Einschränkungen im Lehrveranstaltungsangebot und damit einhergehend massive Studienzeitverzögerungen.“

Ebenso die Fakultätsvorsitzenden der ÖH SOWI (Margret Staufner) und ÖH MED (Philipp Hundertpfund) sind entsetzt, wie Bildungsminister Polaschek mit den Universitäten und den Studierenden umgeht: “Die jahrelange chronische Unterfinanzierung der Universitäten findet nunmehr ihren traurigen Höhepunkt. Während Polaschek für eine neue TU Linz genügend Geld aufbringen kann, werden die anderen Universitäten und damit auch deren Studierenden im Stich gelassen. Wir sind fassungslos, wie hier mit uns verfahren wird und fordern Bildungsminister Polaschek auf, zu handeln. Denn eines steht fest: Wir, Studierende, haben schon genug in den letzten Jahren durchmachen müssen. So kann und darf es nicht weitergehen!”

Statement der ÖH TNF:

Als gewählte Vertretung der Studierenden an der technisch- naturwissenschaftlichen Fakultät (ÖH TNF) der JKU sehen wir der Situation an unserer Universität mit Sorge entgegen. Angesichts der aktuellen Inflations- und Energiekrise droht den Studierenden ein empfindlich reduziertes Angebot von aufwändigeren Kursen wie Pflichtpraktika und -laboren. Genau für solche Fälle gäbe es ministerielle Notreserven, die den öffentlichen Universitäten zustehen, doch ein beträchtlicher Teil daraus wird für den Aufbau des privatrechtlichen Institute of Digital Sciences Austria (IDSA), früher als TU Oberösterreich bezeichnet, verwendet. Während also die bereits existierende und international hervorragend ausgewiesene technische und naturwissenschaftliche Fakultät der JKU eine ungewisse Zukunft vor sich hat, wird eine neue Universität in Österreich finanziert, deren Sinnhaftigkeit und Konzept von Fachleuten aus verschiedensten Richtungen bereits ausdrücklich kritisiert wurde. So teilt die ÖH TNF die Einschätzung des Dekans der TNF und des Vorsitzenden des Betriebsrats für das wissenschaftliche Personal der JKU, dass das kommunizierte Konzept der IDSA keiner TU entspräche; es entspricht eher einer Sammlung von Marketingsprüchen und Buzzwords.

Bildungsminister Polaschek empfiehlt derweil den Universitäten Heizkosten durch gezieltere Auslastung der Hör- und Seminarsäle zu sparen, wobei deren Anteil an den gesamten Heiz- und Stromkosten vermutlich vernachlässigbar ist. Als ÖH TNF treten wir besonders für die Abhaltung von Pflichtlaboren und -praktika ein, die bereits vor Krisenzeiten aus Finanzierungsmängeln heraus teilweise nur dürftig angeboten wurden. Aufgrund der momentanen Informationslage bezweifeln wir stark, dass diese Pflichtkurse im selben Maße in näherer Zukunft angeboten werden, wodurch Studierende mit Studienzeitverzögerungen konfrontiert werden könnten.

Die Vorgehensweise neue Universitäten zu errichten, deren Finanzierung selten ausreichend ist, gepaart mit der Verwendung von finanziellen Notreserven gegen ihren ursprünglichen Sinn und die Vernachlässigung bestehender universitärer Infrastruktur lässt auf nichts Anderes als eine mangelhafte Strategie der Bildungs- und Forschungspolitik in Österreich schließen.

Rückfragen & Kontakt:

JKU Betriebsrat
Bernhard Jakoby
0650/2468878
bernhard.jakoby@jku.at

Nadja Aichinger
0664/602468901
nadja.aichinger@jku.at

VSStÖ Linz
Kristina Rößl
0680/1244814
kristina.roessl@oeh.jku.at

ÖH SOWI
Margret Staufner
0660/5804569
margret.staufner@oeh.jku.at

ÖH MED
Jakob Obereigner
0680/1181177
jakob.obereigner@oeh.jku.at

ÖH TNF
Marius Tillner
0650/4523811
marius.tillner@oeh.jku.at

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