Coronavirus: Schramböck setzt auf Maßnahmen zur Sicherung von Liquidität und Arbeitsplätzen

Wirtschaftsausschuss debattiert über KMU-Bericht und verabschiedet Novelle zum Berufsausbildungsgesetz

Wien (PK) Der vielfach beschworene Schulterschluss bei der Reaktion auf die Auswirkungen der Corona-Krise auf die heimischen Betriebe ist vorerst ausgeblieben. Im Wirtschaftsausschuss des Nationalrats stellten zwar alle Fraktionen übereinstimmend fest, dass die dramatische Lage entschlossenes Handeln seitens der Politik notwendig mache, Uneinigkeit herrschte allerdings über die Art der Maßnahmen. Während Wirtschaftsministerin Schramböck ebenso wie die Regierungsparteien zunächst vor allem die Liquidität der Unternehmen und die Arbeitsplätze sichern wollen, verlangte die Opposition ein umfassendes Konjunkturpaket zur Ankurbelung der Wirtschaft sowie eine Überarbeitung des Budgets 2020. Anknüpfungspunkt der Debatte war dabei der aktuelle KMU-Bericht, der schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen wurde.

Auf den Weg ins Nationalratsplenum schickten die Abgeordneten eine Novelle zum Berufsausbildungsgesetz, die vor allem eine regelmäßige Aktualisierung und Modernisierung der Lehrberufe vorsieht. Die Opposition brachte Themen wie die Managerbezüge oder die Wirtschaftskammern zur Sprache. Diesbezügliche Anträge wurden vertagt.

Regierung will gezielt die betroffenen Unternehmen und Branchen unterstützen

Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen, die das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft bilden, seien von den Auswirkungen des Coronavirus massiv betroffen, gab Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck zu bedenken. Aus diesem Grund leite die Bundesregierung Maßnahmen in die Wege, um die Liquidität der Betriebe aufrechtzuerhalten und die Arbeitsplätze zu sichern. Die Ressortleiterin verwies in diesem Zusammenhang auf Garantien für KMU und die Tourismusbranche im Ausmaß von 110 Mio. € und sprach von einem ersten Schritt. Auch gebe es bereits Kontakte mit den Banken mit dem Ziel, Kredite und Rückzahlungen nicht fällig zu stellen. Einen weiteren wichtigen Aspekt stelle zudem die Kurzarbeit dar, wo es nun vor allem darum gehe, das Modell so zu gestalten, dass es auch von den KMU in Anspruch genommen werden kann. Schramböck erinnerte überdies auch an eine Sonderdotierung für die Forschung in der Höhe von einer Million Euro. Insgesamt werden sämtliche  Maßnahmen von einer Taskforce abgestimmt, um ein strukturelles Vorgehen zu ermöglichen. 

„Wir müssen handeln, um der Wirtschaft zu helfen“, bekräftigte namens der ÖVP Maria Theresia Niss. Aktuell gebe es primär einen Bedarf der Unternehmen an Liquidität, pflichtete ihr Andreas Ottenschläger (ÖVP) bei. Man sollte deshalb nicht nach dem Gießkannenprinzip vorgehen, sondern gezielt jene Branchen unterstützen, die derzeit am stärksten betroffen sind, betonte er. Die Regierung helfe punktuell dort, wo Hilfe dringend benötigt wird, bestätigte Christoph Stark (ÖVP). Jakob Schwarz (Grüne) hielt ebenso wie Ottenschläger ein Konjunkturpaket zur Schaffung von Nachfrage derzeit für nicht sinnvoll, konnte sich entsprechende Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt aber durchaus vorstellen. Elisabeth Götze (Grüne) begrüßte die von der Regierung gesetzten Maßnahmen als ersten richtigen Schritt.

Opposition fordert Konjunkturpaket

Angesichts der Auswirkungen der Corona-Krise auf die KMU sei sofortiges, entschlossenes Handeln notwendig, meinte auch SPÖ-Wirtschafssprecher Christoph Matznetter, der allerdings ein umfassendes Konjunkturpaket verlangte. Vorbild sollte seiner Meinung nach dabei die Reaktion der Bundesregierung auf die Finanzkrise 2008 sein. Wichtig ist es aus Sicht Matznetters überdies, den KMU ein niederschwelliges Angebot für die Kurzarbeit zu ermöglichen. Was das Budget 2020 betrifft, sollte der Entwurf im Lichte der Corona-Krise überarbeitet und nicht bloß fortgeschrieben werden. Konkret drängte Matznetter auf ein Maßnahmenpaket, bestehend insbesondere aus einem Konjunkturpaket zur Ankurbelung der Wirtschaft sowie geeigneten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie Kurzarbeit, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Coronavirus abzufedern. Ein entsprechender im Zuge der Debatte eingebrachter Antrag der SPÖ fand allerdings keine Mehrheit

Die Maßnahmen der Regierung seien bei Weitem nicht ausreichend, die Einrichtung einer Taskforce werde den Unternehmen in dieser Situation nicht helfen, kritisierte Erwin Angerer (FPÖ).  Er forderte einen gemeinsamen Schulterschluss und appellierte überdies an die Wirtschaftskammer, die Beiträge für 2020 auszusetzen und auf ihre Rücklagen zurückzugreifen. Er forderte in einem Antrag als Sofortmaßnahme die Bereitstellung von bis zu einer Milliarde Euro an Förderungsmitteln sowie Haftungsübernahmen für Kredite, Steuererleichterungen bzw. vorübergehende Steuerbefreiungen und temporäre Zuschüsse bei Umsatzeinbrüchen. Auch diese Initiative blieb in der Minderheit.

Seitens der NEOS sprach Josef Schellhorn die enormen Probleme in der Tourismusbranche an und warnte vor einem Dominoeffekt auf alle Betriebe. Das Paket mit 100 Mio. € reiche nicht aus, vielmehr brauche es eine Milliarde Euro. Es gelte vor allem, Rücklagen aufzulösen und Zinsen und Rückzahlungen für KMU auszusetzen. Auch sollte der Faktor Arbeit endlich entlastet werden. Sein Fraktionskollege Helmut Brandstätter gab zu bedenken, das kommende Budget werde nun wohl ein anderes sein müssen.

KMU als Rückgrat der österreichischen Wirtschaft

Ausgangspunkt der Debatte war der von Bundesministerin Margarete Schramböck und Karin Bachinger (KMU Forschung Austria) präsentierte aktuelle KMU-Bericht (III-102 d.B.), der einmal mehr die tragende Rolle der kleinen und mittleren Unternehmen für Österreichs Wirtschaft unterstreicht. So sind die kleinen und mittleren Unternehmen, die einen Anteil von 99,6% der Unternehmen der marktorientierten Wirtschaft stellen, für mehr als 60% der Umsätze, Bruttowertschöpfung und Investitionen verantwortlich. Der von den KMU erwirtschaftete Umsatz lag 2017 bei rund 482 Mrd. €, die Bruttowertschöpfung bei rund 128 Mrd. € und das Investitionsvolumen bei 24 Mrd. €. Auf KMU entfallen zudem mit 66 Mrd. € rund die Hälfte der Warenexporte. Insgesamt beschäftigten die rund 337.800 KMU 2017 knapp zwei Millionen Menschen, bildeten rund 52.900 Lehrlinge aus und waren damit Arbeitgeber für zwei Drittel aller Beschäftigten.

Lehrberufe sollen regelmäßig aktualisiert und evaluiert werden

Die regelmäßige Aktualisierung und Modernisierung der Lehrberufe und ihrer Ausbildungsinhalte ist Kernpunkt der Novelle zum Berufsausbildungsgesetz (34 d.B.), die mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, FPÖ und NEOS verabschiedet wurde. Die Vorlage sieht, wie Bundesministerin Margarete Schramböck erläuterte, eine verpflichtende Analyse aller Berufsbilder durch das Wirtschaftsministerium in einem fünfjährigen Turnus vor, um sicherzustellen, dass alle Lehrberufe den jeweils neuesten beruflichen und technischen Standards entsprechen. Weiterer Punkt der Novelle ist die Schaffung der Möglichkeit einer Ausbildung mit reduzierter Arbeitszeit auch für Lehrlinge mit Betreuungsverpflichtungen für Kinder bis zum Schuleintritt. Zudem soll die überbetriebliche Ausbildung im Auftrag des AMS stärker auf die Vermittlung in Unternehmen ausgerichtet werden, dies insbesondere durch verpflichtende Einbeziehung von Betriebskooperationen in die Ausbildung.

ÖVP-Abgeordnete Martina Kaufmann erwartete sich von der Novelle eine Attraktivierung der Lehre, was auch Elisabeth Götze (Grüne) bestätigte, die insbesondere die Bedeutung der überbetrieblichen Ausbildung unterstrich.

Lehrlingsausbildung brauche echte Reformen statt Überschriften, mahnte hingegen Klaus Köchl (SPÖ). Er legte in einem im Rahmen der Debatte eingebrachten Entschließungsantrag ein Paket mit einer Palette von Maßnahmen vor, die von der Errichtung eines Ausbildungsfonds als „Fachkräftemilliarde“ über den Ausbau der überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen bis hin zur Erweiterung des Angebots für Lehre mit Matura reichten. Der Vorstoß Köchls erzielte bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit.

Josef Schellhorn (NEOS) wandte grundsätzlich ein, die Entscheidung für eine Lehre komme mit 14 Jahren noch zu früh und werde de facto meist von den Eltern getroffen. Er schlug deshalb die Einführung einer mittleren Reife vor, um es Jugendlichen mit 17 Jahren zu ermöglichen, eigenverantwortlich zu entscheiden.

FPÖ verlangt Abschaffung der Prüfungstaxen für Lehrlinge

Zum Thema Berufsausbildung lag dem Ausschuss auch ein letztlich vertagter Entschließungsantrag der FPÖ (297/A(E)) vor, in dem Erwin Angerer hohe Belastungen für Lehrlinge sowie finanzielle Hürden auf dem Weg zum Meister beklagt und sich für die Abschaffung von Prüfungs- und Kursgebühren für Meister- und Befähigungsprüfungen sowie von Prüfungstaxen für Lehrlinge ausspricht.

SPÖ drängt auf bessere soziale Absicherung von Selbstständigen

Die SPÖ wiederum verlangt eine bessere soziale Absicherung von Selbstständigen, wobei Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter in einem Entschließungsantrag (250/A(E)) ein entsprechendes Maßnahmenpaket vorlegte, das insbesondere ein existenzsicherndes Krankengeld ab dem 4. Tag, eine lückenlose Absicherung bei langer Krankheit sowie die ersatzlose Streichung der Selbstbehalte von Selbstständigen bei einem Arztbesuch vorsieht.

NEOS-Mandatar Josef Schellhorn schlug eine freiwillige Selbstversicherung sowie eine Wahlfreiheit zwischen Selbstbehalt-Versicherungsmodell und Vollkasko-Versicherungsmodell vor, konnte sich mit einem entsprechenden Antrag aber nicht durchsetzen. Die Initiative der SPÖ hingegen wurde mehrheitlich vertagt. 

Öffentliche Aufträge: SPÖ für Nachhaltigkeit als Vergabekriterium

Weiters thematisierte die SPÖ die Rolle der KMU bei öffentlichen Aufträgen. Lokale EPU und KMU würden hier aufgrund der derzeitigen Ausschreibungspraxis oft leer ausgehen, klagte Christoph Matznetter und kritisierte insbesondere, dass ökologische Komponenten wie der kürzere Anfahrtsweg und der daraus resultierende geringere CO2-Verbrauch bei der Vergabe keine Rolle spielen. Er regt deshalb in einem Entschließungsantrag (251/A(E)) an, bei öffentlichen Aufträgen Nachhaltigkeit als Vergabekriterium zu berücksichtigen. Auch hier entschied der Ausschuss mit den Stimmen der Regierungsparteien auf Vertagung.

SPÖ will Managerbezüge begrenzen

Die SPÖ übt heftige Kritik an der Höhe der Managerbezüge in staatsnahen Unternehmen. Es sei politisch nicht nachvollziehbar, warum in Betrieben, an denen die Republik mehrheitlich beteiligt ist, Vorstandsbezüge gewährt werden, die teilweise einem Vielfachen des Bezugs des Bundeskanzlers entsprechen, zeigt sich Maximilian Lercher irritiert. In einem bei der Abstimmung vertagten Entschließungsantrag (253/A(E)) drängt er auf ein Gesetz zur Begrenzung der Vorstands- und Geschäftsführergehälter im staatsnahen Bereich und strebt dabei eine Obergrenze von 500.000 € im Jahr an.

Im Visier hat Lercher aber auch die Managerbezüge in der Privatwirtschaft, wobei die SPÖ hier vor allem auf Transparenz setzt und börsennotierte Unternehmen verpflichten will, das Verhältnis von Vorstandsvergütungen zum Durchschnittsgehalt ihrer MitarbeiterInnen per Aufsichtsratsbeschluss festzulegen und entsprechend im Geschäftsbericht zu veröffentlichen (252/A(E)). Auch dieser Antrag wurde vertagt. 

SPÖ fordert Mindestkörperschaftssteuer

„Steuergerechtigkeit für EPU und KMU statt Millionengeschenke für Parteispender und Großkonzerne“ lautet der Tenor eines Antrags (254/A(E))), in dem sich die SPÖ kritisch mit den Plänen einer allgemeinen Senkung der Körperschaftssteuer auseinandersetzt. Christoph Matznetter wirft darin der türkis-grünen Koalition vor, das neoliberale Spiel des Steuerwettlaufs nach unten mitzuspielen, anstatt in Brüssel diesen Tendenzen gegenzusteuern. Er appelliert nun an die Regierung, auf europäischer Ebene für die Einführung einer Mindestkörperschaftssteuer einzutreten und innerstaatlich von der Senkung der Körperschaftssteuer Abstand zu nehmen. Auch für diesen Antrag heißt es „Bitte warten“, zumal sich die Regierungsparteien für eine Vertagung aussprachen.

SPÖ für Neugestaltung der bilateralen Investitionsschutzabkommen mit den Ländern des Südens

Kritisch beleuchtete Maximilian Lercher die Auswirkungen von bilateralen Investitionsschutzabkommen mit den Ländern des globalen Südens. Er tritt in einem letztlich ebenfalls vertagten Entschließungsantrag (391/A(E)) dafür ein, Handelsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Ländern so zu gestalten, dass internationale arbeitsrechtliche, soziale und ökologische Standards verbindlich eingehalten werden. Zudem sollten bilaterale Investitionsschutzabkommen auch Fragen des Gemeinwohls, der Gesundheitspolitik und der Sicherheit berücksichtigen und keine Investor-Staat-Streitbeilegung enthalten.

NEOS und FPÖ fordern Reformen bei den Wirtschaftskammern

Tiefgreifenden Reformbedarf bei den Wirtschaftskammern orten NEOS und FPÖ. In einem Bündel von Entschließungsanträgen – die Initiativen wurden durchwegs vertagt – forderte Josef Schellhorn (NEOS) eine Rücklagenobergrenze in der Höhe der durchschnittlichen Monatsaufwendungen (308/A) und ein Limit bei den Werbekosten in Höhe eins Betrags von 1 € pro Mitglied (310/A). Darüber hinaus drängte der Wirtschaftssprecher der NEOS auf die Streichung der Kammerumlage II (309/A(E)) und schlug eine Opting-out-Möglichkeit für Unternehmen hinsichtlich der Pflichtmitgliedschaft vor (312/A(E)). Weitere Anliegen der NEOS waren eine Demokratiereform bei der Wirtschaftskammer im Sinne einer Direktwahl des Wirtschaftsparlaments (311/A(E)) sowie die Ausweitung der Prüfkompetenz des Rechnungshofs auf die Kammern (313/A(E)). FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer wiederum trat in seiner Initiative (219/A(E)) für die Abschaffung der Mehrfach-Pflichtmitgliedschaften in den Wirtschaftskammern ein. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) hof


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