Bures: Je mehr Frauen an Friedensverhandlungen beteiligt sind, desto länger hält der Frieden

OSZE-Konferenz im Parlament macht Rolle und Anteil der Frauen an Friedensprozessen und Feldmissionen zum Thema

Wien (PK) Welche Rolle haben Frauen bei der Konfliktverhütung, im Kampf gegen Extremismus und Terrorismus? Welchen Anteil haben Frauen an einer nachhaltigen und stabilen Friedensordnung in der OSZE? Welche Herausforderungen ergeben sich durch eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur in Europa? Diesen Fragen widmet sich die eintägige Konferenz „OSCE security policy – female perspectives“ im Parlament.

Bures: Es bleibt noch sehr viel zu tun

Eröffnet wurde die Konferenz von Nationalratspräsidentin Doris Bures und Christine Muttonen, der Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung der OSZE. Bures leitete mit einer Trauerminute für die Opfer des Terroranschlags auf das Londoner Parlament ein. „Die Terroristen werden in ihrem Ziel, die Werte unserer offenen Gesellschaft zu zerstören, nicht erfolgreich sein“, bekräftigte sie.

„Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, bis wir Frauen in der Sicherheitspolitik gleichberechtigt mitentscheiden und mitgestalten können“, resümierte Bures zwei Wochen nach dem Internationalen Frauentag. In modernen Konflikten sei es gefährlicher, eine Frau zu sein, als ein Soldat – kämen auf einen getöteten Soldaten statistisch gesehen neun getötete Zivilisten, überwiegend Frauen und Kinder, betonte die Nationalratspräsidentin. Weg von physischer und sexueller Gewalt, ob ins nächste Dorf oder über die Grenze, sei oft vorrangiges Ziel. Bures verwies in diesem Zusammenhang auf Zahlen des UNO Flüchtlingshilfswerks, wonach mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge Frauen und Kinder seien. Angesichts dieser massiven Missstände hält es Bures für dringend geboten, dieses Thema aus weiblicher Sicht und betrachten. „Frauen und Kinder in ihrer speziellen Gefährdungslage besser vor Krieg und Gewalt zu schützen, aber auch dafür zu sorgen, dass Frauen besser und verstärkt in die Lösung von Konflikten integriert werden, um so nachhaltiger Frieden zu schaffen“, sind erklärte Ziele von Bures für diese Konferenz. „Der Friede ist zu wichtig, um ihn den Männern allein zu überlassen“, zitierte die Nationalratspräsidentin abschließend die ehemalige Frauenministerin Johanna Dohnal.

Muttonen: Erreichtes Maß an Frieden, Freiheit und Stabilität innerhalb der OSZE nicht selbstverständlich

„Kein Spitzentreffen der Politik, kein politisches Seminar, keine Tagung und keine Talkshow, wo nicht hauptsächlich nur eine Hälfte der Bevölkerung vertreten ist, um zu diskutieren und nach Lösungen suchen“, obwohl Frauen genauso wie Männer ein starkes Interesse an Frieden und Sicherheit hätten, beschrieb Christine Muttonen die derzeitige Situation. Nach Ansicht der Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung der OSZE könne nur dann eine nachhaltige und stabile Friedensordnung errichtet werden, wenn alle gleichwertig daran beteiligt sind.

„Eigenverantwortliche Frauen mit Zugang zu Bildung können wirksam zur Prävention der Radikalisierung von Jugendlichen beitragen“, untermauerte Muttonen die Relevanz der inhaltlichen Ausrichtung der Konferenz. Die Rollen von Frauen bei der Konfliktvermeidung sowie im Kampf gegen Extremismus und Terrorismus sind neben den Herausforderungen einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur Kernbereiche der Tagung.

Doskozil setzt sich für Erhöhung der Frauenquote beim Militär ein

Frauen sind in Kriegs- und Fluchtsituationen besonders betroffen, man müsse sich deshalb die Frage stellen, ob richtige Entwicklungsschritte in Europa gesetzt werden, so Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil in seiner Keynote. Von einer ausgewogenen Geschlechterbilanz in der Sicherheitspolitik sei man weit entfernt. In Regionen verbindend wirken, vor Ort Sicherheit durch Arbeitsmarkt-Sicherheit und soziale Gleichstellung erzielen, ist laut Doskozil genauso anzustreben, wie den Anteil der Frauen auch in Exekutive und beim Militär gesellschaftsgetreu abzubilden. Er hält es für notwendig, ähnlich wie bei der Exekutive, auch beim Militär gegen die generell sehr niedrige Frauenquote zu arbeiten. Wenngleich es ein langer an viel Überzeugungsarbeit gekoppelter Prozess sei, müsse der Weg konsequent gegangen werden. Wichtig sei es, MitarbeiterInnen zu überzeugen und sicherzustellen, dass Frauen in den verschiedenen Ebenen ihre Rollen finden und Teil dieser Organisationen werden, so der Bundesminister.

Matvienko: Russland ist bereit, an gesamteuropäischer Sicherheitsarchitektur mitzuarbeiten

Mit den Augen von Frauen sieht man vieles ganz anders, war die Vorsitzende des russischen Föderationsrats, Valentina Ivavovna Matvienko, überzeugt. Frauen spürten viel stärker eine Verantwortung für ihre Angehörigen und sorgten sich um deren Sicherheit. Die russische Politikerin, die das dritthöchste Amt in ihrem Land inne hat, ging sodann auf die aus ihrer Sicht tektonischen sicherheitspolitischen Veränderungen in Europa in den letzten Jahrzehnten ein. Aus ihrer Sicht wurden die Chancen, die sich etwa durch die Charta von Paris im Jahr 1990 oder diverse russische Initiativen geboten haben, nicht ergriffen. Mehr denn je herrsche ein Vertrauensmangel in den Beziehungen zwischen den Staaten, urteilte sie, außerdem sei ein Wettrüsten begonnen worden, das niemand benötige. Was noch immer fehle, sei ein klar gestaltetes Sicherheitssystem in Europa, das die Interessen aller Länder berücksichtigt.

In Bezug auf die Ukraine-Krise und die Entwicklungen auf der Krim vertrat Matvienko mit Nachdruck die russischen Regierungspositionen und lud alle Interessierten ein, sich vor Ort ein eigens Bild zu machen. In diesem Zusammenhang kritisierte sie auch die „Dämonisierung Russlands“ in vielen europäischen Medien, die jeder objektiven Grundlage entbehrten. Gerade in schwierigen Zeiten, in denen man mit Phänomenen wie Terrorismus, Drogenhandel oder Cyberkriminalität konfrontiert sei, gelte es zusammenzuarbeiten, da diese Probleme kein Land allein lösen könne. Für wenig hilfreich hielt Matvienko die von der EU verhängten wirtschaftlichen Sanktionen gegenüber Russland, die nur beiden Partnern schaden würden. Ob man es wolle oder nicht, ohne Russland, dem größten europäischen Land, könne keine effiziente Sicherheitsarchitektur in Europa aufgebaut werden, sagte sie. Auf Basis des Völkerrechts sei Russland auch immer bereit, einen konstruktiven und ehrlichen Dialog zu führen, betonte Matvienko.

Lunacek sieht keine Notwendigkeit für neue Sicherheitsarchitektur und plädiert für Einbeziehung der Frauen

Auch Ulrike Lunacek, die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, machte einen Blick zurück in die Geschichte und bedauerte, dass trotz vieler Fortschritte in Europa die Nationalismen, die etwa in den Balkankriegen zum Ausdruck gekommen sind, nicht gänzlich überwunden werden konnten. Im Gegensatz zu ihrer Vorrednerin sprach sie von einer „Invasion der Krim“ und einer „Okkupation“ in der Ukraine. Richtig sei aber auch, dass alle Seiten Fehler gemacht haben und es nun darum gehe, konstruktive Lösungen zu finden. Dabei können vor allem die Frauen eine wichtige Rolle spielen, erklärte Lunacek, die als positives Beispiel den Friedensprozess in Kolumbien anführte. Gerade die OSZE habe im Hinblick auf die bessere Einbeziehung von Frauen viele Programme initiiert. Sehr erfolgreich sei etwa ein Programm im Kosovo, wo seit fünf Jahren Treffen zwischen serbischen und kosovarischen Frauen stattfinden; dieses Modell sollte ihrer Ansicht nach auch in anderen Ländern zur Anwendung kommen.

Angesichts der neuen Bedrohungsszenarien, wie dem internationalen Terrorismus, plädierte Lunacek dafür, sich vom rationalen Denken leiten zu lassen und ein Gleichgewicht zwischen den notwendigen Schutzmaßnahmen und den persönlichen Freiheiten zu finden. Sie denke, dass dazu auch keine neue Sicherheitsarchitektur nötig sei; man müsse nur die vorhandenen Instrumente besser nutzen. Skeptisch stand Lunacek jedoch dem Zwang zur Einstimmigkeit in der OSZE gegenüber, der Weiterentwicklungen oft behindere. Schließlich appellierte sie noch an alle Frauen, Mut zu beweisen, damit in Zukunft die Beteiligung von Frauen in allen Strukturen der Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit sein wird.

Die Rolle der Frau hinsichtlich ihres Beitrags zur Konfliktvermeidung und ihrem Part im Kampf gegen Extremismus und Terrrorismus werden im Laufe des Tages noch im Rahmen von drei Panels unter den Titeln „Challenges and Perspectives for a new pan-European Security Architecture „, „Strengths and weaknesses of current OSCE missions“ und „The role of women in (the fight against) violence-prone extremism and terrorism“ diskutiert. (Schluss) wat/sue

HINWEISE: Fotos dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/SERV/FOTO/ARCHIV.

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