Bundesrat genehmigt Schusswaffenkennzeichnungsgesetz mehrheitlich | Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz, 05.11.2020

Entschließung zur Entlassung des Innenministers angenommen

Wien (PK) Die auf EU-Vorhaben fußende künftige Verpflichtung zur umfassenderen Kennzeichnung von Schusswaffen billigte der Bundesrat heute mit Stimmenmehrheit. Alleinig die FPÖ stimmte gegen die Novelle und fühlte sich angesichts der aktuellen Terrorereignisse in ihrer Ansicht bestätigt, dass die Europäische Union die damit bezweckte Terrorismusbekämpfung verfehle. ÖVP, SPÖ und Grüne erkennen an der Regelung hingegen Verbesserungen für die Sicherheit.

Ein im Zuge der Debatte über den Sicherheitsbericht 2018 eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ, in dem Bundeskanzler Sebastian Kurz aufgefordert wird, Innenminister Karl Nehammer zu entlassen, wurde mit den Stimmen von den Freiheitlichen und den SozialdemokratInnen angenommen. Die SPÖ-Initiative zur Verpackungsgabe wurde neben der FPÖ auch von den Grünen unterstützt.

Strengere Kennzeichnungspflichten für Schusswaffen ab 2021

Feuerwaffen und ihre wesentlichen Bestandteile sind, abgesehen von historischen Waffen, gemäß EU-Waffenrichtlinie ab 1. Jänner 2021 noch umfassender zu kennzeichnen. Mit dem Schusswaffenkennzeichnungsgesetz wird diesen EU-Vorgaben auf nationaler Ebene nachgekommen, wobei Ausnahmen bzw. Übergangsregeln für bereits in Verkehr befindliche Schusswaffen vorgesehen sind. So sind jene, die bereits vor dem 14. September 2018 im Besitz von EndverbraucherInnen standen, von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Die konkreten Spezifikationen werden per Verordnung vorgelegt. Bei Verstößen gegen die Kennzeichnungsvorschriften drohen Geldstrafen bis zu 3.600 €, bei gewerblicher Tätigkeit bis zu 10.000 €.

Mit der Regelung sei zwar die bessere Rückverfolgbarkeit von Waffen und die Vorbeugung vor deren missbräuchlicher Verwendung bezweckt worden, erläuterte Markus Leinfellner (FPÖ/St). Jedoch sieht der FPÖ-Bundesrat darin vielmehr einen weiteren Schritt, um legale WaffenbesitzerInnen zu kriminalisieren. Von diesen gehe in der Regel aber keine Gefahr aus, meinte er. Terroristische Anschläge hingehen würden mit illegalen Waffen verübt. Die Intention der EU, mit der Richtlinie den Terrorismus zu bekämpfen, würde daher weit am Ziel vorbeischießen, so Leinfellner.

Die restlichen Bundesratsfraktionen konnten dieser Ansicht nichts abgewinnen. Vor dem Hintergrund des abscheulichen Terroranschlags müsse es das gemeinsame Ziel sein, zu verhindern, dass sich solche Szenen wiederholen, sagte Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP/V). Die EU habe die Problematik erkannt und setze mit der Richtlinie eine wichtige Maßnahme zur Eindämmung möglicher terroristischer Akte. Bedeutsam sei laut Schwarz-Fuchs auch, dass künftig auch die Munition gekennzeichnet sein muss. Wenn damit nur ein einziges Leben gerettet werden könne, habe sich die Regelung bezahlt gemacht, betonte die Bundesrätin. Auch ihr Fraktionskollege Silvester Gfrerer (ÖVP/S) zeigte sich davon überzeugt, dass man jede Möglichkeit nutzen sollte, um die Sicherheit in Österreich zu verbessern.

Bundesrat Adi Gross (Grüne/V) brachte angesichts der „traurigen Realität“ zur Sprache, dass Schusswaffen aus Prinzip gefährlich sind. Allein daher sei ihm zufolge maximale Vorsicht bei deren Veräußerung und Besitz geboten und die EU-Vorgabe zu begrüßen. Auch weil das Gewaltmonopol bei den staatlichen Organen – etwa der Polizei – liege, sei im Privatbereich aus seiner Sicht Zurückhaltung geboten.

Inhaltliche Zustimmung zu dem Gesetz brachte Dominik Reisinger (SPÖ/O) für seine Fraktion zum Ausdruck. Der Terror mache betroffen, weshalb es gelte, für mehr Sicherheit und mehr Transparenz zu sorgen. Die Kennzeichnungspflichten erachtet der SPÖ-Bundesrat als sinnhaft, da so die Nachvollziehbarkeit bis zu den Herstellern und Importeuren gegeben sei. Nicht schlüssig erscheint ihm hingegen der von der EU vorgegebene Termin für die Übergangsregelung sowie die Abhandlung zweier unterschiedlicher Gesetze in einem Paket. Gemeinsam mit dem Schusswaffenkennzeichnungsgesetz wird nämlich das EU-Polizeikooperationsgesetz angepasst, um das Frontex-Statuspersonal künftig mit Aufgaben in Österreich betrauen zu können.

SPÖ-Forderung nach finanziellen Anreizen bei der EU-Plastikabgabe fand Mehrheit

Auf eine ab 1. Jänner 2021 geltende EU-Plastikabgabe zielt ein Anliegen der SPÖ im Bundesrat ab. Die Abgabe sieht vor, dass pro Kilogramm nicht wiederverwerteten Plastikmüll 80 Cent an die EU überwiesen werden – für Österreich bedeute dies rund 142 Mio. € pro Jahr. In einem Entschließungsantrag fordert die SPÖ von Umweltministerin Leonore Gewessler und Finanzminister Gernot Blümel, die Umsetzung der EU-Plastiksteuer so auszugestalten, dass ein finanzieller Anreiz für Produzenten und Importeure von Plastikverpackungen entsteht, nicht recycelbare Kunststoffverpackungen zu reduzieren. Eine gleichlautende Forderung hat SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr im Nationalrat eingebracht.

Die SPÖ sprach sich in der Debatte dafür aus, dass Lenkungseffekte der EU-Plastikabgabe gegeben bleiben müssen. Denn wenn die Abgabe nach Plänen von Finanzminister Blümel aus dem allgemeinen Budget finanziert werden soll, bleiben diese Effekt aus, so die SozialdemokratInnen. Günther Novak (SPÖ/K) forderte, dass nicht SteuerzahlerInnen dafür aufkommen sollen und eine andere Form der Finanzierung gefunden werden müsse. Unterstützung erhielt der Vorstoß von den Freiheitlichen sowie von den Grünen, die sich damit gegen den Koalitionspartner stellten. Adi Groß (Grüne/V) plädierte für das Verursacherprinzip, welches ökologisch gestaffelt werden solle. Er forderte ebenfalls Lenkungseffekte ein. Es müsse eine Lösung geben, die die Abgabe an Profiteure weitergebe, so Groß. Er appellierte auch an die großen Verbände, ihre Widerstände gegen die Abgabe aufzugeben. Michael Bernard (FPÖ/N) forderte, dass man mit dem notwendigen Hausverstand an die Sache herangehe soll und die Abgabe Lenkungseffekte bringen müsse. Es dürfe keine einseitige Belastung für die SteuerzahlerInnen geben, mahnte er.

Ablehnung zum Antrag kam hingegen von der ÖVP. Ihr fehlte eine Gesamtstrategie im Antrag. Denn dieser bilde nur einen kleinen Teil eines ganzen Maßnahmenbündels ab, erklärte Peter Raggl (ÖVP/T). Ein Pfand auf Einwegverpackungen bedeute zusätzliche Kosten und Bürokratie, welche kleine Nahversorger vor große Herausforderungen stelle. Außerdem gebe es in Österreich gute Ansätze, um Plastikmüll zu vermeiden, so Raggl. Er hob dabei das 2018 eingeführte Plastiksackerlverbot hervor, welches gut funktioniere und akzeptiert sei. 

Sicherheitsbericht 2018 führte zu Debatte um den Terroranschlag

Zur Kenntnis genommen wurden ferner ein Bericht des Innenministeriums zum aktuellen Arbeitsplan der Europäischen Kommission und zum Achtzehnmonats-Programm des rumänischen, finnischen und kroatischen Vorsitzes des Rates der Europäischen Union sowie der Sicherheitsbericht 2018. Ein von der FPÖ eingebrachter Entschließungsantrag zur Entlassung von Innenminister Karl Nehammer wurde von der SPÖ unterstützt und somit mehrheitlich angenommen.

Im Zuge der Debatte über den Sicherheitsbericht thematisierte die ÖVP den Aspekt der Migration. So dürfe der rückläufige Trend bei Asylanträgen nicht über einen Migrationsdruck aus den Mittelmeerländern hinweg täuschen, befand Ernest Schwindsackl (ÖVP/St). Dem Asyl- und Migrationswesen könne nur mit neuen Regeln gemeinsam mit allen betroffenen Staaten begegnet werden.

Kritik an der Migrationspolitik kam von der FPÖ. Markus Leinfellner (FPÖ/St) sah eine verfehlte Migrationspolitik in Österreich und forderte schnellere Asylverfahren und Abschiebungen. Kritik übte er am Anteil verurteilter Nicht-ÖsterreicherInnen mit einem Prozentsatz von 43%. In Richtung Innenminister Karl Nehammer sprach er von einem Versagen Österreichs in der Terrorismusbekämpfung und begründete damit den Entschließungsantrag an Bundeskanzler Sebastian Kurz, den Innenminister zu entlassen.

Zustimmung zum Antrag kam von den SozialdemokratInnen, wenngleich Stefan Schennach (SPÖ/W) betonte, dass damit nicht die Arbeit der Polizei in Bezug auf den jüngsten Terroranschlag in der Kritik stehe. Der Antrag richte sich gegen die Spitze der Polizei, wurde betont. Er forderte, dass Fragen zum Informationsfluss zwischen den Nachrichtendiensten zu klären seien.

Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) thematisierte die im Bericht dargelegte Gewalt gegen Frauen. Der gefährlichste Ort für Frauen sei das persönliche Umfeld bzw. die eigene Familie. Dies müsse aufrütteln, betonte sie. So müsse der Opferschutz immer Vorrang haben. Weiters kritisierte sie fehlende Planstellen im Justizbereich und die Abschaffung des Jugendgerichtshofs.

Den Aspekt der Cyberkriminalität griffen die Grünen auf. Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) sieht die Aufklärungsquote im digitalen Bereich noch lange nicht dort, wo sie im „analogen“ Bereich liege. Deshalb müsse der Cyberkriminalität mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Polizei brauche vermehrt Schulungen in dem Bereich und mehr Personalressourcen seien notwendig.

Die Sammelnovelle zum Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, Asylgesetz und BFA-Verfahrensgesetz stand nicht wie geplant auf der Tagesordnung der heutigen Bundesratssitzung. Sie fand zuvor im Ausschuss für innere Angelegenheiten des Bundesrats keine Stimmenmehrheit. Damit beginnt die achtwöchige Wartefrist zu laufen, bevor das Gesetz in Kraft treten kann. (Schluss Bundesrat) fan/gun

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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