Budget 2020: Finaler Schlagabtausch im Nationalrat

Abgeordnete erörtern Haushaltsentwurf für Finanzressort

Wien (PK) Wien(PK) – Die Debatte über den Budgetentwurf für den Finanzbereich führte heute noch einmal zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition im Nationalrat. SPÖ, FPÖ und NEOS warfen Finanzminister Blümel dabei einmal mehr  vor, dem Parlament ein Budget mit „falschen Zahlen“ präsentiert zu haben. Für erheblichen Unmut sorgte dabei der von den Regierungsparteien eingebrachte Abänderungsantrag, der eine Überschreitungsermächtigung von 28 Mrd. € und eine entsprechende Aufteilung dieses Betrags auf einzelne Rubriken vorsieht. Dadurch sei die bisherige Budgetdebatte obsolet geworden, lautete die Kritik der Opposition, die einen Misstrauensantrag gegen Finanzminister Blümel einbrachte, sich damit aber nicht durchsetzen konnte. ÖVP und Grüne erwiderten, aufgrund der Unwägbarkeiten sei es derzeit nicht möglich, exakte Zahlen insbesondere bezüglich der Einnahmen vorzulegen, zahlreiche Experten hätten aber die Verfassungskonformität der Vorgangsweise bestätigt. Keine Mehrheit fand auch ein von der FPÖ eingebrachter Misstrauensantrag gegen Finanzminister Blümel.

Abänderungsantrag bringt Überschreitungsermächtigung von 28 Mrd. €

Durch den Abänderungsantrag der Regierungsparteien erhöhen sich die Ausgaben nunmehr auf 102,4 Mrd. €, während die Einnahmen auf dem ursprünglich budgetierten Stand von 81,8 Mrd. € verbleiben. Der größte Teil der 28 Mrd. € entfällt mit bis zu 14,3 Mrd. € auf die Rubrik „Wirtschaft“ und ist vor allem für im Rahmen der Corona-Finanzierungsagentur (COFAG) eingesetzte Mittel für Garantien und Fixkostenzuschüsse, aber auch für den Härtefallfonds, für Förderungen im Bereich Wirtschaft und Verkehr sowie für das Gemeindepaket vorgesehen. Bis zu 11,5 Mrd. € teilen sich auf die Rubrik „Arbeit und Soziales “ auf, dies etwa für Kurzarbeit, oder Mehrbedarf im Bereich Pflege und Familie. 1,2 Mrd. € wiederum sollen allfälligen Mehrbedarf in der Rubrik „Bildung und Forschung“ abdecken, insbesondere für den Fonds für KünstlerInnen sowie für Forschungsausgaben. Bis zu 1 Mrd. € schließlich hält der Antrag für die Rubrik „Sicherheit und Recht“ bereit – dies etwa für Schutzausrüstungen oder die Unterstützung von Non-Profit-Organisationen.

Blümel sieht Verfassungskonformität des Vorgehens durch Expertenmeinungen bestätigt

Finanzminister Gernot Blümel wies zunächst auf die Unsicherheiten der Prognosen hin und gab zu bedenken, das Bruttoinlandsprodukt werde nach den Schätzungen 2020 zwischen 3% und 9% schrumpfen. Auf diese Unwägbarkeit hätten auch zahlreiche namhafte ExpertInnen aufmerksam gemacht und in der Vorgangsweise der Regierung keinen Verstoß gegen verfassungsmäßige Grundsätze gesehen. Der Ressortchef lieferte überdies ein Update über die bisher von der Regierung gesetzten Unterstützungsmaßnahmen für die Unternehmen. So seien bis dato 260.000 Anträge auf Steuerstundung mit einem Volumen von 6 Mrd. € genehmigt worden. Garantien habe der Staat bisher im Rahmen von 4 Mrd. € übernommen. Was wiederum die Kurzarbeit betrifft, seien über 110.000 Anträge genehmigt worden, mit einem Volumen von 10 Mrd. €.

SPÖ: Blümel „kann nicht Budget“

SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer hingegen warf dem Finanzminister vor, nach wie vor keinerlei Korrekturen auf der Einnahmenseite vorgenommen haben. Blümel habe damit gegen die Grundsätze der Budgetwahrheit, der Budgetklarheit und der Budgettransparenz verstoßen. Die 28 Mrd. € an Überschreitungsermächtigung seien darüber hinaus auf einem Konto verbucht, das es gar nicht gebe. Die angekündigten Hilfen habe man kaum noch ausbezahlt. Der Finanzminister „kann weder Verfassung noch Budget noch Hilfe“, lautete das Resümee Krainers, der Blümel zum Rücktritt aufforderte. Das Budget enthalte falsche Zahlen, daran ändere auch der Abänderungsantrag nichts, pflichteten ihm seine Fraktionskollegen Maximilian Lercher und Christoph Matznetter bei. Massive Zweifel an den parlamentarischen Grundwerten äußerte Jörg Leichtfried (SPÖ). Karin Greiner (SPÖ) schließlich warnte vor einem Sparkurs und drängte in einem Entschließungsantrag auf ein Konjunkturprogramm für die Gemeinden.

ÖVP: Blümel macht tollen Job

Der Finanzminister habe einen tollen Job gemacht, konterte hingegen

ÖVP-Klubobmann August Wöginger, der ebenso wie Karlheinz Kopf (ÖVP) auf die zahlreichen Unwägbarkeiten hinwies. Niemand könne derzeit seriös abschätzen, wie hoch etwa die Ausfälle bei den Steuereinnahmen sein werden, gab Kopf zu bedenken. Auch würden weitere Maßnahmen nötig werden, deren Kosten man noch nicht beziffern könne. Von Schwierigkeiten der Prognosen sprach auch Andreas Hanger (ÖVP). Sicher sei jedenfalls, dass man sehr viele neue Schulden finanzieren müsse. Der einzig richtige Weg sei es nun, durch Investitionen für Wirtschaftswachstum zu sorgen und aus der Krise heraus das Budget wieder zu konsolidieren. Die Regierung habe mit dem Abänderungsantrag verantwortungsvoll gehandelt, bestätigte auch Angela Baumgartner (ÖVP), während Stefan Hintner (ÖVP) nun vor allem das Gemeindepaket begrüßte, von dem er sich wesentliche Investitionen erwartete.

FPÖ: Blümel ist als Finanzminister fehl am Platz

Der vorliegende Entwurf sei ein „budgetpolitischer Bauchfleck“, stellte Herbert Kickl fest und bezichtigte Blümel der Verhöhnung des Parlaments und der Bevölkerung. Der Finanzminister habe die Prinzipien der Budgetwahrheit, der Budgetklarheit und der Budgettransparenz mit Füßen getreten und ein Zahlenwerk vorgelegt, wo die massiven Auswirkungen der Krise bestenfalls am Rande gestreift werden. Während die Regierung von den Unternehmen eine exakte, vorausschauende Planung verlangt, würden diese Vorgaben für ihr eigenes Handeln nicht gelten. Der Satz „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ sollte beim Budget keine Anwendung finden, Blümel zeige mit seinem Budget, dass er fehl am Platz sei, fasste Kickl seine Rücktrittsforderung an den Finanzminister zusammen. Ähnlich kritisch äußerte sich auch Erwin Angerer (FPÖ), der vor allem beanstandete, dass die Einzahlungen im Abänderungsantrag nicht aktualisiert wurden. Als Verhöhnung des Parlaments qualifizierte Hannes Amesbauer (FPÖ) die Vorgangsweise der Regierungsparteien.

Grüne wollen Blümel arbeiten lassen

Es gebe große Unsicherheiten und Schwankungsbreiten in Milliardenhöhe auf der Einnahmenseite, räumte namens der Grünen Jakob Schwarz ein. Die Regierung signalisiere mit dem Abänderungsantrag aber, dass sie vorbereitet ist, für stabile Verhältnisse zu sorgen. Man sollte Blümel jetzt arbeiten lassen und sich nicht mit „Witzeleien“ beschäftigen, meinte er an die Adresse der Opposition gerichtet. Das Letzte, das es jetzt brauche, sei ein Rücktritt des Finanzministers. Eva Blimlinger stellte anerkennend fest, das Budget sichere die Beamtenpensionen und die Erhöhung des Pflegegeldes.

NEOS: Hilfen für Wirtschaft kommen nicht an

Karin Doppelbauer (NEOS) qualifizierte den Abänderungsantrag als unzureichend, für die nötige Budgetwahrheit und Budgetklarheit zu sorgen, und kritisierte, die 28 Mrd. € an Überschreitungsermächtigung seien bloß ein Blankoscheck für den Finanzminister. Sie vermisste  Einnahmenschätzungen und beklagte, das Parlament diskutiere seit Wochen über falsche Zahlen. Beate Meinl-Reisinger (NEOS) ortete ebenso wie Josef Schellhorn (NEOS) Defizite bei den Hilfen für die Unternehmen und meinte, von rascher und unbürokratischer Unterstützung könne keine Rede sein. Nikolaus Scherak (NEOS) ging scharf mit den Grünen ins Gericht, denen er vorwarf, gegen ihre eigenen Prinzipien das Vorgehen der ÖVP zu unterstützen.

Kritik an der „Scheinkorrektur“ und an der „Nacht- und Nebelaktion“ im Zusammenhang mit dem Abänderungsantrag der Regierungsparteien äußerte auch die fraktionslose Abgeordnete Philippa Strache.

Corona-Krise führt zu Mindereinnahmen aus Steuern und Abgaben

Im Einzelnen teilt sich das Budget des Finanzressorts in acht Untergliederungen, wobei laut Haushaltsentwurf 2020 die größten Auszahlungsbeträge die Pensionen für BeamtInnen, die um 4,9% auf 10,17 Mrd. € ansteigen, die Untergliederung 58 „Finanzierungen und Währungsverträge“ (4,42 Mrd. €), den Finanzausgleich (1,29 Mrd. €), die Finanzverwaltung (1,18 Mrd. €) sowie die Finanzmarktstabilität (680,3 Mio. €) betreffen. Bei den Einzahlungen schlagen vor allem die öffentlichen (Netto-)Abgaben in der Höhe von 55,4 Mrd. € zu Buche, was einem Anstieg von 0,7% gegenüber 2019 entspricht. Weitere hohe Beträge ergeben sich durch die Beamtenpensionen (2,16 Mrd. €), Rückflüsse aus der EU (1,35 Mrd. €), die hohe Gewinnausschüttung der ABBAG (Bayern-Vergleich zur HETA) in der Untergliederung Finanzmarktstabilität (Gesamtbetrag 1,33 Mrd. €), den Bereich Bundesvermögen (1,24 Mrd. €) sowie den Finanzausgleich (690,3 Mio. €).

Eine entscheidende Zahl stellen die „Öffentlichen Bruttoabgaben“ dar, also die Einnahmen des Staates aus Steuern und Abgaben inklusive der Ertragsanteile der Länder und Gemeinden sowie des EU-Beitrags. Das Ministerium ging bei der Budgeterstellung dabei noch von einem Anstieg von 1,4% auf insgesamt 92,2 Mrd. € aus. Aufgrund des Konjunktureinbruchs hat das BMF diesen Wert bereits um 1,1 Mrd. € reduziert. Laut Budgetdienst sei diese Korrektur deutlich zu gering, da es insbesondere bei der Einkommensteuer und der Körperschaftssteuer zu erheblichen Unterschreitungen kommen werde. Man müsse daher eher von Mindereinnahmen in der Höhe von 3 Mrd. € ausgehen. Der Rückgang bei der Lohnsteuer werde hingegen durch die Kurzarbeit etwas gedämpft. Auch bei den Verkehrs- und Verbrauchsabgaben werden die Voranschlagswerte verfehlt werden.

Von der Corona-Krise betroffen ist auch der Bereich „Bundesvermögen“, wo eine Überschreitungsermächtigung in der Höhe von 4 Mrd. € zur Dotierung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds zu finden ist. Zwischenzeitlich wurde diese durch das 5. COVID-19-Gesetz auf 28 Mrd. € erhöht. Zudem wurden im Rahmen weiterer Corona-Maßnahmenpakete einige kleinere Steuererleichterungen beschlossen. Deutliche Änderungen werden sich auch beim Finanzausgleich ergeben, da die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden an die Entwicklung der Bruttoabgaben gekoppelt sind und somit deutlich niedriger ausfallen werden. Dabei wird etwa bei den Ländern ein Rückgang der Einnahmen -um 7,3% erwartet. (Fortsetzung Nationalrat) hof/glas

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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