Bilanz Nationalrat 2016/17: Ein Parlamentsjahr im Zeichen des Regierungsbruchs

153 Gesetzesbeschlüsse, davon ein Drittel nach Koalitions-Aus

Wien (PK) - Das abgelaufene Parlamentsjahr endet, wie es begonnen hat: Der Nationalrat tritt zusammen, um ein Gesetz für einen Wahltermin zu beschließen. War es im vergangenen Herbst die Verschiebung der Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl, sind es jetzt, bei Tagungsende, Neuwahlen. Nach einigen medial ausgerufenen Regierungskrisen, einem neu ausverhandelten Regierungsprogramm im Jänner, einem zurückgetretenen Vizekanzler samt anschließendem Koalitions-Aus im Mai sowie 153 Gesetzesbeschlüssen später wird die laufende XXV. Gesetzgebungsperiode vorzeitig beendet. Der Nationalrat beschließt am 13. Juli seine Auflösung, am 15. Oktober wird das Parlament neu gewählt.

Zusammengetreten ist der Nationalrat zwischen September 2016 und Juli 2017 52 Mal. Hinzu kommen in dieser Tagung 148 Ausschusssitzungen, 18 Unterausschusssitzungen sowie 18 Sitzungen des Hypo- und Eurofighter-Untersuchungsausschusses. Die Abgeordneten haben dabei 153 Gesetze beschlossen, 24 Staatsverträge genehmigt und 9 Bund-Länder-Vereinbarungen zugestimmt. Rund 35% der Beschlüsse, und damit fast doppelt so viele wie im vorangehenden Parlamentsjahr, fielen einstimmig aus. Während es im Jänner kein einziges Gesetz im Plenum zur Abstimmung schaffte, wurden nach dem Regierungsbruch 51 und damit ein Drittel aller Gesetze an nur zwei Tagen im Juli beschlossen.

Vom neuen Regierungsprogramm zum freien Spiel der Kräfte

In der ersten regulären Nationalratssitzung im September 2016 wird die Verschiebung der Bundespräsidenten-Stichwahl auf den 4. Dezember beschlossen. Eingebracht hatten das dafür notwendige Gesetz zuvor SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS in einer FPÖ-Sondersitzung zum Thema Flüchtlinge. Als Reaktion auf die Stichwahl-Aufhebung und die Kleber-Panne bei den Wahlkarten-Kuverts wird dann im November ein kleines Wahlrechtspaket verabschiedet, das u.a. ein zentrales Wählerregister bringt. Abgeschlossen werden im Parlament außerdem die Budgetverhandlungen für 2017 mit einer Rekordsumme von 3,47 Mrd. € für die innere Sicherheit. Bis Dezember bleibt die Bundespräsidenten-Stichwahl zwischen Alexander Van der Bellen und dem Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer dann das vorherrschende innenpolitische Thema.

Vor Weihnachten werden 200 Mio. € für den Ausbau der medizinischen Primärversorgung, der flächendeckende Ganztagsschul-Ausbau bis 2025, eine monatliche Entschädigungszahlung für Kriegsgefangene und der Pensionshunderter beschlossen. Der Pflegefonds wird bis 2021 verlängert, Hitlers Geburtshaus enteignet und die Bankenabgabe gesenkt. Außerdem einigt man sich mit den Ländern und Gemeinden auf den neuen Finanzausgleich zur Verteilung des Steuerkuchens während der kommenden fünf Jahre.

Nach einem Dauerwahlkampf hat Österreich am 26. Jänner 2017 einen neuen Bundespräsidenten. Alexander van der Bellen wird von der Bundesversammlung als 9. Staatsoberhaupt der Zweiten Republik im Historischen Sitzungssaal des Parlaments angelobt. Über ein halbes Jahr hatte zuvor das Nationalratspräsidium als Kollegium interimistisch die Funktionen des Bundespräsidenten übernommen. Van der Bellen appelliert in seiner Rede an die Einigkeit und bekennt sich zu einem gemeinsamen Europa. Er will ein Bundespräsident für alle ÖsterreicherInnen sein, auch für jene, "die ihre Smartphones lieben".

Gleich am nächsten Tag verschiebt Bundeskanzler Christian Kern seine Reise nach Israel sowie Palästina und damit seine Deadline für ein angekündigtes Update des Regierungsprogramms. Die Verhandlungen über ein neues Arbeitsprogramm bis zum regulären Ende der Legislaturperiode im Herbst 2018 dauern über das ganze Wochenende an. Zu dieser Zeit ist nicht ausgeschlossen, dass die Koalition platzt.

Am Sonntagabend des 29. Jänner wird die Einigung verkündet, zwei Tage später im Nationalrat erklärt. Bundeskanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner präsentieren ein 36-seitiges Arbeitsprogramm, das in den nächsten eineinhalb Jahren abgearbeitet werden soll. Darunter ein Beschäftigungsbonus, die Abschaffung der kalten Progression, die Erhöhung der Forschungsprämie, ein verpflichtendes Integrationsjahr für Flüchtlinge und ein Burka-Verbot. Besiegelt wird das neue Übereinkommen in der Regierung mit der Unterschrift aller MinisterInnen, im Parlament wird dazu mit den Stimmen aller Koalitions-Abgeordneten eine Entschließung gefasst.

Im Februar erliegt Gesundheits- und Frauenministerin Sabine Oberhauser ihrem Krebsleiden, Pamela Rendi-Wagner wird neue Ressortchefin. In einer Sondersitzung im März bringen Grüne und FPÖ das Verlangen für einen Eurofighter-Untersuchungsausschuss ein. Im selben Monat wird der Kündigungsschutz für ältere ArbeitnehmerInnen gelockert, die Gründung von Ein-Personen-Unternehmen vereinfacht und der Eurofighter-Untersuchungsausschuss auf Grundlage des neuen Minderheitsrechts eingesetzt. Eingeführt wird zudem ab 2018 ein gesetzliches Spekulationsverbot für den Bund, der zweiphasige parlamentarische Budgetprozess - mit dem Bundesfinanzrahmen im Frühjahr und dem Bundesfinanzgesetz im Herbst - wird unter Oppositionsprotest vorerst für zwei Jahre auf eine Debatte im Herbst zusammengezogen. Fixiert wird außerdem die Halbierung der Flugabgabe.

Ende März wechselt NEOS-Abgeordneter Christoph Vavrik in den ÖVP-Klub. Mit ihm hat der schwarze Klub ab diesem Zeitpunkt 51 MandatarInnen und damit nur mehr ein Mandat weniger als die SPÖ. Die NEOS schrumpfen auf acht Mandate. Zeitgleich verabschiedet sich Abgeordneter Niko Alm von den Pinken in Richtung Privatwirtschaft, für ihn rückt Claudia Doppelbauer nach.

Im Vorfeld eines EU-Sondergipfels gibt die Regierung im April eine Erklärung zum Brexit ab. Kern und Mitterlehner schließen höhere EU-Beitragszahlungen Österreichs nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU aus. Zudem setzt der Nationalrat infolge des von Nationalratspräsidentin Doris Bures initiierten Staatsakts "Geste der Verantwortung" vom November des Vorjahres einen konkreten, gesetzlichen Schritt. Misshandelte Heim- und Pflegekinder erhalten in Zukunft eine monatliche Rente von 300 €. Auf der Tagesordnung steht im April-Plenum außerdem das umstrittene Versammlungsrecht mit Schutzzonen, einer längeren Frist für Demo-Anmeldungen und das Aus für ausländische Wahlkampfauftritte. Entzündend hatte sich die Debatte darüber aufgrund des zuvor stattfindenden türkischen Verfassungsreferendums.

Es folgt das Monat der politischen Brüche. In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz kündigt Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am 10. Mai seinen Rücktritt aus allen politischen Ämtern an. Nur zwei Tage später tritt Außenminister Sebastian Kurz vor die Presse und spricht sich für vorgezogene Neuwahlen aus. Das Angebot von Kanzler Kern, mit ihm eine Reformpartnerschaft einzugehen, lehnt er ab, die Frage über die ÖVP-Obmannschaft lässt er offen, das Koalitions-Aus ist definitiv. Tags darauf wird Kurz samt seiner Bedingungen zum neuen Parteiobmann designiert. Er erhält eine eigene "Liste Sebastian Kurz" bei der vorgezogenen Neuwahl, die ÖVP wird nicht mehr unter ihrem alten Parteinamen antreten.

Neuer Vizekanzler wird Justizminister Wolfgang Brandstetter, der bisherige Staatssekretär Harald Mahrer übernimmt das Wirtschaftsressort. In seiner Erklärung zur Situation der Bundesregierung Mitte Mai ruft der Bundeskanzler zum "freien Spiel der Kräfte" im Nationalrat auf. Die Stimmung im Plenum ist aufgeladen, die Debatte gespickt mit gegenseitigen Angriffen, lautstarken Zwischenrufen und dem Appell, trotz allem weiterzuarbeiten. Die Freiheitlichen fordern, der gesamten Regierung das Vertrauen zu entziehen, ein weiterer Misstrauensantrag wird von den Grünen eingebracht. Er richtet sich gegen den "Sprengmeister der rot-schwarzen Bundesregierung" Wolfgang Sobotka. Beide Oppositionsfraktionen bleiben aber ohne Erfolg.

Am selben Tag wird im Plenum nichts Geringeres beschlossen als das Integrationspaket. Anerkannte Flüchtlinge müssen künftig ein Integrationsjahr absolvieren, verpflichtende Deutsch- und Wertekurse inklusive. Nach langem Tauziehen wird damit auch das kontrovers diskutierte Burka-Verbot Realität. Die Gemeinden bekommen zusätzliche 175 Mio. € für Infrastrukturprojekte, außerdem wird die Grundumlage für Mitglieder der Wirtschaftskammer gesenkt. Für die Gewerbeordnungsnovelle heißt es im Plenum zurück an den Start. Keine 24 Stunden später zieht sich die langjährige Klubobfrau der Grünen Eva Glawischnig-Piesczek von all ihren Ämtern aus der Politik zurück, neuer Grüner Klubobmann wird Albert Steinhauser, ihr Nationalratsmandat bekommt Barbara Neuroth.

Anfang Juni wird eine Erhöhung der Studienbeihilfe um ca. 18% beschlossen. Im Parlament liegen zu dieser Zeit bereits einige prominente Regierungsvorlagen wie das Fremdenrechtspaket, die Reform der Privatinsolvenz und die kleine Ökostromnovelle, um deren Einigung bzw. notwendige Zweidrittelmehrheit noch gerungen wird. Die Stimmen der Grünen oder der FPÖ braucht die Regierung auch bei der angekündigten Bildungsreform, die dann Mitte Juni so gut wie vor dem Aus steht. Die Grünen verlangen eine Modellregion zur Gesamtschule in Vorarlberg, die NEOS machen mit einer Sondersitzung Druck.

Das Nationalrats-Finale Ende Juni bringt dann einige Überraschungen. Trotz ausgerufener Neuwahlen gehen in einem zweitätigen Sitzungsmarathon nicht weniger als 51 Gesetze durch das Plenum, darunter gewichtige Materien wie die Neugestaltung der heimischen Grundversorgung mit ärztlichen Primärversorgungszentren, eine Frauenquote von 30% in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen, die Anhebung der Forschungsprämie auf 14% und eine Strafgesetznovelle mit einem Staatsfeinde-Paragraphen. Beschlossen wird außerdem eine abgeschlankte Novelle zum Datenschutzgesetz und eine neue Bundessportförderung. SPÖ und ÖVP einigen sich auch in Sachen Fremdenrechtspaket und bei der Privatinsolvenzreform, die Grünen gehen bei der Bildungsreform mit.

Buchstäblich in letzter Minute verständigen sich die Abgeordneten außerdem auf die Novellierung des Ökostromgesetzes und eine umfassende Reform der Gewerbeordnung. Kurzfristig wird von der SPÖ und der ÖVP außerdem die Abschaffung des Pflegeregresses auf die Tagesordnung gesetzt.

Als einzig gescheitert gilt damit die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Der gut drei Jahre alte Regierungsentwurf wird voraussichtlich einfach verfallen. Auch für die Abschaffung der Kalten Progression sieht es nicht gut aus. Schon für April hatte Hans Jörg Schelling in einer NEOS-Dringlichen einen entsprechenden Entwurf angekündigt. Bis dato liegt keine Regierungsvorlage im Parlament.

Zum parlamentarischen freien Spiel der Kräfte kommt es letztendlich zweimal: Bei der Uni-Finanzierung stimmt die SPÖ gegen die ÖVP und beschert den Universitäten zusammen mit den Grünen ein Budgetplus von 1,35 Mrd. €. Die ÖVP wollte daran die Studienplatzfinanzierung knüpfen und im September darüber verhandeln. Die bisherige Koalitionslinie verlässt die SPÖ zudem ein zweites Mal mit einem Fristsetzungsantrag zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, den sie gemeinsam mit den Grünen und den NEOS einbringen. Für eine Mehrheit im Nationalrat in Sachen Homo-Ehe reicht es aber in diesem Parlamentsjahr nicht.

6 Dringliche, 8 Kurze Debatten, 3 Sondersitzungen

Während der Nationalratssitzungen wurde das Interpellationsrecht von den Abgeordneten vergleichsweise zurückhaltend genutzt. Auf ausschließliches Verlangen der Opposition - mit einmaliger Ausnahme von der SPÖ im Fall der Fristsetzung in Sachen Homo-Ehe - fühlten die Abgeordneten der Regierung in 6 Dringlichen Anfragen bzw. Anträgen und 8 Kurzen Debatten auf den Zahn. Sondersitzungen gab es zwischen September 2016 und Juli 2017 3. Darin haben die Freiheitlichen Kanzler Kern Asyl-Zahlentricksereien vorgeworfen, die Grünen die Startbahn für den Eurofighter-Untersuchungsausschuss gelegt und die NEOS in Sachen Bildungsreform Druck gemacht.

Aktuelle Stunden wurden 10 abgehalten, u.a. zu den Themen ORF, Terrorismusbekämpfung, leistbares Wohnen oder Elite-Unis für alle. Hinzu kommen 4 Aktuelle Europastunden und 7 Fragestunden. Ebenso in der Statistik vermerkt: Der Nationalrat hat 16 Berichte der Regierung sowie der Volksanwaltschaft in Verhandlung genommen. Rechnungshofberichte gingen 33 durch das Plenum. Stichwort Rechnungshof: Ihren ersten Auftritt im dazugehörigen Ausschuss hat Margit Kraker als neue Rechnungshofpräsidentin Mitte September absolviert.

Der Nationalrat hat außerdem 7 Erste Lesungen abgehalten, darunter einige über Parlamentarismus-Anliegen der Opposition: nämlich parlamentarische Ausschüsse sowie Enqueten öffentlich zu machen, die Einbringung von Bürgerinitiativen zu erleichtern sowie den Petitionsausschuss des Nationalrats aufzuwerten. In Sachen Parlament hat der Nationalrat außerdem eine 6-Parteien-Entschließung gefasst. Geht es nach den Fraktionen, sollen die BürgerInnen in Zukunft verstärkt via Crowdsourcing in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden. Ein erstes Pilotprojekt könnte 2018 starten, wird es umgesetzt, wäre das ein erstes konkretes Ergebnis aus der parlamentarischen Enquete-Kommission zur "Stärkung der Demokratie in Österreich", die zwischen September 2014 und September 2015 stattgefunden hat.

CETA/TTIP-Volksbegehren: Mehr als eine halbe Million Unterschriften

Seit dem letzten Tagungsende haben es 13 Bürgerinitiativen, 24 Petitionen und das CETA/TTIP-Volksbegehren ins Parlament geschafft. Die beiden Freihandelsabkommen stehen dabei auf der Liste der Top-Parlamentsthemen 2016/2017 ganz oben. Bereits im September wird zu den umstrittenen Handelsabkommen nämlich eine parlamentarische Enquete abgehalten, in der EU-Kommissarin Malmström insbesondere für CETA wirbt. Dasselbe macht tags darauf auch Kanadas Handelsministerin Chrystia Freelan, als sie dem Hohen Haus einen Besuch abstattet. Nach etlichen Diskussionen in den EU-Ausschüssen, Dringlichen Anfragen oder Kurzen Debatten fällt dann der Startschuss für die parlamentarischen Verhandlungen über das CETA/TTIP-Volksbegehren im Nationalrat, das mehr als eine halbe Million ÖsterreicherInnen unterschrieben haben.

CETA ist mittlerweile zwischen Kanada und der EU vereinbart und soll kommenden September vorläufig in Kraft treten. Zumindest jene Teile des Handelsabkommens, die in den Zuständigkeitsbereich der EU fallen. Vollständig umgesetzt werden kann CETA erst, wenn das Abkommen von allen EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert ist. Die mehr als 500.000 Unterschriften im CETA/TTIP-Volksbegehren spiegeln dabei auch die Stimmung im Parlament wider: nur ÖVP und NEOS sehen Vorteile, die anderen Fraktionen zeigen sich skeptisch bis vollkommen ablehnend. In Sachen TTIP ist sich das Parlament mit Ausnahme der NEOS zur Zeit allerdings so gut wie einig. SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und das Team Stronach haben noch vor dem Sommer in einer Resolution klar gemacht, dass sie gegen eine Fortsetzung der TTIP-Verhandlungen mit dem derzeitigen Mandat sind.

Unter den Bürgeranliegen, die seit ihrer Einbringung die häufigsten Unterstützungserklärungen auf der Parlamentswebsite gesammelt haben, ist mit rund 12.500 elektronischen Unterschriften eine Petition, die sich für Psychotherapie auf Krankenschein einsetzt. Bei den Bürgerinitiativen sticht jene für medizinisches Cannabis heraus. Sie liegt seit Mai im Parlament und zählt mit 2.500 Unterschriften zu den am häufigsten unterstützten Initiativen in dieser Tagung.

Rückenwind vom Nationalrat hat zudem eine Bürgerinitiative zum Gedenken österreichischer Opfer der Shoah in Weißrussland bekommen. Eine Entschließung an die Regierung zur Finanzierung eines würdigen Denkmals fiel dabei einstimmig aus.

Das war im vergangenen Tagungsjahr aber nicht die einzige Resolution, mit der die Parlamentsfraktionen gemeinsam an die Regierung herangetreten sind. Einig ist sich das Parlament nämlich ebenfalls, wenn es um die Erklärung von IS-Verbrechen als Völkermord oder das Nein zu grenznahen Atommüllagern geht. Insgesamt erhielt die Bundesregierung in 45 Entschließungen Arbeitsaufträge vom Nationalrat, in denen er sich u.a. für stärkere Maßnahmen gegen Hass im Netz ausgesprochen hat.

Angesichts der immer schwieriger werdenden Menschenrechtslage in der Türkei wurde außerdem eine überparteiliche Erklärung zur Freilassung von Oppositionsabgeordneten und ein Aussetzen der EU-Beitrittsverhandlungen unterzeichnet. Zu einer zweiten gemeinsamen Erklärung kam es außerdem angesichts der dramatischen humanitären Lage und der Fortsetzung des grausamen Bürgerkriegs in Syrien.

468 Gesetzesinitiativen der Parlamentsfraktionen

Ihre politischen Forderungen haben die Parlamentsfraktionen seit Tagungsbeginn in 468 Gesetzesanträge und Resolutionsentwürfe gegossen. Mit rund 170 Anträgen haben die Grünen die NEOS in dieser Tagung vom Podest gestoßen, wobei berücksichtigt werden muss, dass einige von ihnen gemeinsam mit anderen Fraktionen eingebracht wurden. Die Pinken kommen wie die Freiheitlichen auf knapp über 100, das Team Stronach hat 61 Anträge eingebracht. SPÖ und ÖVP haben jeweils über 50 Initiativen eingebracht, die entweder als gemeinsame Koalitionsanliegen oder als Mehrparteienanträge zusammen mit der Opposition auspaktiert wurden.

Während zig Dutzend Oppositionsanträge in den Fachausschüssen entweder vertagt oder abgelehnt wurden, haben es einige Vorschläge von FPÖ, Grünen, NEOS sowie dem Team Stronach trotzdem ins Plenum geschafft. Zumindest in abgeänderter Form wurden ihre Resolutionen etwa zur Frauenförderung in der heimischen Filmbranche, zur Stärkung der Gebärdensprache im Unterricht oder für einen höheren Männeranteil in pädagogischen Berufen im Nationalrat für gut befunden.

Abgeblitzt ist die Opposition u.a. mit ihren Vorschlägen, das Pflegegeld jährlich an die Inflation anzupassen, einen bundesweit einheitlichen Personalschlüssel für Alten- und Pflegeheime einzurichten oder eine bundesweite Regelung für die bedarfsorientierte Mindestsicherung zu schaffen. Nichts wird es außerdem mit einer Nachhilfe in Sachen Menschenrechte für Innenminister Wolfgang Sobotka oder subventionierten "Leihomas" zur Reduzierung von Abtreibungen.

Dauerbrenner unter den Oppositionsanliegen bleiben die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger und die Abschaffung der Sonderpensionen.

Schriftliche Anfragen: Fraktionsloser Abgeordneter Rupert Doppler ungeschlagen

Bei den schriftlichen Anfragen hat sich die Anzahl seit den letzten Tagungen mit über 3700 auf einem zirka gleichbleibenden Niveau eingependelt. Ungeschlagen an der Spitze der Top-Anfragesteller bleibt der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler. Er kann rund 854 Anfragen und damit zirka doppelt so viele wie in der letzten Tagung auf sein alleiniges Konto verbuchen. Darunter sind größtenteils Serienanfragen, etwa zu den Kosten von Charterflügen der Regierung, Dienstwägen der Ministerbüros, dem Budget für Regierungsinserate oder zu Unfallschwerpunkten auf den heimischen Bundesstraßen. Geht es nach Fraktionen, haben die Freiheitlichen mit 1.712 auch dieses Mal wieder die meisten schriftlichen Anfragen verfasst. Absolutes Schlusslicht ist die ÖVP mit 21. Die meistbefragten Ressorts sind das Innenministerium (531), das Verkehrsministerium (492) und das Gesundheitsministerium (405). Die Nationalratspräsidentin musste 10, der Rechnungshof 5 schriftliche Anfragen beantworten.

Hypo und Eurofighter: Zwei U-Ausschüsse in einem Tagungsjahr

Der eine hat geendet, der andere wurde eingesetzt. 31 Mal ist der Hypo-U-Ausschuss als erster Untersuchungsausschuss mit neuer Verfahrensordnung zusammengetreten, bevor er im Herbst einen fast 1.500 Seiten starken Endbericht vorgelegt hat. Reformen, die darin als Konsequenz aus der Hypo-Misere außer Streit stehen: ein Insolvenzrecht für Bundesländer, eine gesetzliche Beschränkung für Landeshaftungen und eine Reorganisation der Bankenaufsicht.

Im März nutzt die Opposition dann zum zweiten Mal ihr Minderheitsrecht: der 23. Untersuchungsausschuss in der Zweiten Republik, in dem "die Vollziehung des Bundes betreffend das Kampfflugzeugsystem 'Eurofighter Typhoon' von Anfang 2000 bis Ende 2016" untersucht werden soll, wird eingesetzt.

Getagt hat der Eurofighter-Untersuchungsausschuss seit dem 29. März rund 93 Stunden, in 17 Sitzungen wurden 25 Auskunftspersonen von den 18 Mitgliedern des Ausschusses unter dem Vorsitz von Zweitem Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf befragt. Jetzt folgt der Schlussbericht. Für die Aufklärungsarbeit standen den Abgeordneten ca. 1,5 Millionen Seiten an Akten zur Verfügung, die von 21 Stellen geliefert wurden.

Die Kundmachung des heute verabschiedeten Gesetzes über die Auflösung des Nationalrats beendet die Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses. Ab diesem Zeitpunkt können Auskunftspersonen nicht mehr befragt werden.

Im neu gewählten Parlament könnte auf Verlangen eines Viertels der Abgeordneten oder auf Antrag von fünf Abgeordneten mit Mehrheitsbeschluss aber erneut ein U-Ausschuss eingesetzt werden, der sich demselben Untersuchungsgegenstand widmet. So eine Wiedereinsetzung wäre nichts Neues, in der Zweiten Republik hat es diesen Fall bereits zweimal gegeben. Vorzeitige Wahlen im Herbst 1971 beendeten die Arbeit zweier Untersuchungsausschüsse, die dann Anfang 1972 wieder eingesetzt wurden. Die Themen: UNO-City und Flugzeugankäufe des Bundesheeres. (Schluss) keg

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