Bericht über „Hausverbot für Nikolo“ Ethikverstoß

Wien (OTS) Mehrere Leser beschwerten sich über den Artikel „Schulverbot für Christkind und Nikolo“, erschienen in der Tageszeitung „Österreich“ vom 04.12.2017. Der Senat 3 des Presserats gelangte zu Auffassung, dass dieser Artikel gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse verstößt.

Im Artikel wird u.a. darüber berichtet, dass sich Eltern von Schulkindern in einer Schule in Wien Floridsdorf mit der Bitte um Hilfe an „Österreich“ gewandt haben, weil in der Schule „Integration völlig falsch“ laufe: Der Nikolo habe seit Jahren Hausverbot, alle christliche Symbole seien aus Rücksicht auf die vielen nicht christlichen Kinder verboten; das Christkind müsse ebenfalls draußen bleiben, das Weihnachtsfest heiße jetzt Winterfest; es gebe kein Schweinefleisch; das Kruzifix in den Klassen sei abgenommen; die Verschleierung von Mädchen sei den Lehrern keine Diskussion wert, auch Abmeldungen vom Schwimm- und Turnunterricht würden widerspruchslos toleriert. Zudem wird ein Vater damit zitiert, dass er beim Durchsehen der Hausaufgaben seines Sohnes festgestellt habe, dass dieser einen Türkisch-Sprachkurs machen müsse und auf Nachfrage erfahren habe, dass das Teil des Deutsch- und Sachunterrichts sei. Die Direktorin finde dies positiv, die Eltern seien hingegen der Ansicht, dass nicht ihre Kinder in die türkische Community, sondern die türkischen Kinder in Wien integriert werden sollten.

In ihrer Stellungnahme hat die Medieninhaberin vorgebracht, dass das Nikolausfest an ein spezifisches Datum gebunden sei und der Redakteur daher den Artikel bereits am Montag, den 04.12.2017, in der Zeitung haben wollte. Eine Stellungnahme des Stadtschulrates sei am folgenden Tag eingeholt und in der Online-Version extrem zeitnah veröffentlicht worden. Es sei von vornherein geplant gewesen, in der Folgeausgabe auch die Stellungnahme des Stadtschulrates dazu zu veröffentlichen.

Der Senat wies zunächst darauf hin, dass er es aus medienethischer Sicht grundsätzlich als problematisch empfindet, derartige schwerwiegende Vorwürfe einzelner Eltern zu veröffentlichen, ohne die betroffene Schulbehörde zu Wort kommen zu lassen. Darüber hinaus warf der Senat auch die Frage auf, inwieweit alle erhobenen Vorwürfe vor Ort auf ihre Richtigkeit überprüft und nachrecherchiert wurden (siehe Punkt 2.1 des Ehrenkodex). Als positiv hielt der Senat fest, dass die Stellungnahme des Stadtschulrates, in der die Vorwürfe der Eltern relativiert wurden, in einem Folgeartikel in der Zeitung „Österreich“ und auch in der Online-Berichterstattung auf „oe24.at“ gebracht wurde. Dennoch vertrat der Senat die Ansicht, dass bei einem Artikel zur sensiblen Frage, ob in einer bestimmten Wiener Schule die Integration mangelhaft ist, bereits die erste Version des Artikels die Stellungnahme des Stadtschulrates enthalten hätte müssen. Das bedingt Punkt 2.3 des Ehrenkodex, wonach Beschuldigungen nicht erhoben werden dürfen, ohne dass nachweislich wenigstens versucht worden ist, eine Stellungnahme der beschuldigten Person(en) oder Institution(en) einzuholen. Laut Senat wäre es ohne Weiteres möglich gewesen, mit der Veröffentlichung des Artikels noch bis zum 05. oder 06.12.2017 zu warten. Auch an diesen beiden Tagen wäre das Thema noch aktuell gewesen.

Der Senat stellte den Verstoß gegen Punkt 2 des Ehrenkodex fest und forderte die „Mediengruppe „Österreich“ GmbH“ auf, die Entscheidung freiwillig in der Tageszeitung „Österreich“ zu veröffentlichen.

 

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND MEHRERER MITTEILUNGEN VON LESERINNEN UND LESERN

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.Im vorliegenden Fall führte der Senat 3 des Presserats aufgrund mehrerer Mitteilungen von Leserinnen und Lesern ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, Gebrauch gemacht.Die Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats anerkannt.

Rückfragen & Kontakt:

Wolfgang Unterhuber, Sprecher des Senats 3, Tel.: 0664-80666-8600

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