Änderung der Bauordnung für Wien: Kollateralschaden für die Bauwirtschaft

Viele Fragen offen. Was ist passiert, beziehungsweise noch nicht passiert?

Wien (OTS) Der für Herbst angekündigten Änderung der Wiener Bauordnung wurde am Donnerstag, dem 28. Juni 2018 per Initiativantrag im Landtag der Schutz von Gründerzeithäusern vorgezogen. Am Freitag, dem 29. Juni 2018 wurde das Gesetz kundgemacht und trat am Samstag, dem 30. Juni ohne Übergangsbestimmungen – sofort – in Kraft. Der beschlossene Gesetzestext und das Fehlen der sonst üblichen Vorgehensweise mit Übergangsfristen werfen Fragen und für die Bauwirtschaft gravierende Folgen auf. Was ist passiert, beziehungsweise noch nicht passiert?

1.) Mit LGBl 37/2018 (kundegemacht am 29.6.2018) wurde § 60 Abs. 1 lit d der Bauordnung für Wien geändert. Neu ist nicht nur, dass nunmehr der Abbruch von Bauwerken, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, einer Bewilligung bedarf, sondern es wurde auch die „technische Abbruchreife“ in einer bemerkenswerten Fassung neu definiert.

2.) Besonders brisant ist, dass das Gesetz ohne Übergangsbestimmungen sofort mit 30.6.2018 in Kraft getreten ist und anhängige Verfahren (Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen) zwar nach den geltenden Grundlagen (u.a. „Merkblatt – Beurteilung der technischen Abbruchreife“) eingereicht worden sind, die Entscheidung darüber aber auf Grundlage der geltenden Rechtslage erfolgt. Weil die übliche Übergangsbestimmung fehlt, wurden bereits anhängige Verfahren beziehungsweise vormals bewilligungsfreie, laufende Abbrüche mit korrekter Anzeige des Baubeginns, gestoppt. Die weitere Vorgehensweise ist unklar.

3.) Der Abbruch darf nur mehr bewilligt werden, wenn „… die Instandsetzung technisch unmöglich ist.“ Eine Definition der technischen Unmöglichkeit fehlt. Die Kammer fordert nun bei den Behörden die Klarstellung dieser Kriterien ein. Die Beurteilungskriterien der „technischen Unmöglichkeit der Instandsetzung“ müssen offengelegt werden, auch um den Akt der Willkür bei der Entscheidungsfindung, was „technisch unmöglich“ sei, auszuschließen.

4.) Die Kammer fordert transparente, nachvollziehbare Beurteilungskriterien, ab wann an Bauwerken „kein öffentliches Interesse in seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild besteht“ und eine klare Aussage darüber, welche Magistratsabteilung dafür zuständig ist und wie der Instanzenzug bei Einsprüchen gegen die „Bestätigung“ vorgesehen ist.

5.) Der Presse vom 5.7.2018 (Link) ist den Zitaten von Guido Markouschek, Technischer Direktor der Wiener Baupolizei, folgender Status quo zu entnehmen:

  • Nach dem schriftlichen Baueinstellungsbescheid ist innerhalb von vier Wochen eine Beschwerde, allerdings ohne aufschiebende Wirkung, möglich.
  • Nachdem ein Baustopp verhängt wurde, dürfen und müssen Sicherungsarbeiten durchgeführt werden, um keinen „gefährdenden Zustand“ zu hinterlassen.
  • Fortgeführt werden darf ein Abriss, wenn nachgewiesen werden kann, dass mehr als die Hälfte der Gebäudesubstanz abgetragen wurde, da dann der rechtmäßige Bestand (Konsens) nicht mehr existent sei.

6.) Der Regress des entstandenen, wirtschaftlichen Schadens (Baustopp ohne Gefährdungsgründe, durchzuführende Sicherungsmaßnahmen, Projektverzögerung, etc.) durch das unübliche Vorgehen ohne Übergangsfrist erscheint möglich und wird wohl bereits juristisch geprüft.

Dabei bleibt für uns und die Steuerzahlenden die Frage offen: Wer wird die entstandenen Wiederaufbaukosten bei Abrissen, die weniger als die Hälfte der Gebäudesubstanz bis zur Einstellung betragen haben, ersetzen?

Rückfragen & Kontakt:

Kammer der ZiviltechnikerInnen für W, NÖ und Bgld.
Nina Krämer-Pölkhofer, MSc
Generalsekretärin
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