38. Wiener Gemeinderat (16) | PID Presse

Dringlicher Antrag

Wien (OTS/RK) GRin Mag.a Dolores Bakos, BA (NEOS) begann mit Positivem: Der vorliegende Antrag sei sachlich formuliert, man merke, das Anliegen sei den einbringenden Personen wichtig. Sie verstehe aber nicht, wieso dieses Anliegen nicht auf anderer Ebene deponieren würde. Etwa in der Bildungspolitik, die die beste Integrationspolitik sei, sagte Bakos. Das größte Problem im Bildungsbereich, sei das Ausbleiben von Reformen. „Wieso tragen Sie dieses Anliegen nicht an den Bildungsminister heran und fordern einen bundesweiten Chancenindex“, fragte Bakos in Richtung ÖVP-Fraktion. Oder bei der Sprachförderung, wo etwa das zweite verpflichtende Kindergartenjahr von der ÖVP eingeführt werden könne. Oder bei verpflichtenden Orientierungskursen für Integrationswillige im derzeitigen Ausmaß von 24 Stunden, „was schlichtweg zu wenig ist“, meinte Bakos. „Tun Sie etwas dort, wo Sie in der Verantwortung sind“, schlug Bakos vor. Die Wiener Integrationspolitik würde auf evidenzbasierten Grundlagen beruhen und auf diesen würden die politischen Entscheidungen fußen, sagte Bakos. Zum Thema Gewaltprävention würden in Wien bereits 40 Mio. Euro investiert werden. Die ÖVP fordere zwar immer noch mehr, doch gegen Projekte wie „Respekt – gemeinsam stärker“ würde die ÖVP-Fraktion stimmen. „Wie passt das zusammen?“, stellte Bakos die Frage in den Raum.

GR Nikolaus Kunrath (GRÜNE) zeigte sich überrascht über die Verwendung der Begriffe Parallelwelt und Integration im Segregationsbericht. Für ihn, Kunrath, sei Integration keine Einbahnstraße, dürfe nicht nur verlangt, sondern müsse auch angeboten werden. Die von der ÖVP verlangte Wartepflicht auf die Wiener Mindestsicherung erscheine ihm ebenso unverständlich wie die Bezeichnung des Brunnenmarkts als „Unsicherheitszone“. Der Bericht würde anmerken, dass zugewanderte Menschen österreichischen Institutionen überdurchschnittlich vertrauen. Das habe die ÖVP in ihren Reden nicht erwähnt. „Seid doch offen für unsere Forderung, dass Wien ein sicherer Hafen wird“, verlangte Kunrath abschließend.

GRin Safak Akcay (SPÖ) sagte, sie sei dem Wiener Bildungsprogramm dankbar sei, denn das habe ihre Berufsausbildung und ihre politische Karriere erst ermöglicht. Es dürfe nicht darum gehen, dass sich die Menschen in der Stadt auseinanderdividieren lassen. „Jede Wienerin und jeder Wiener hat das Recht auf Teilhabe in der Stadt“, was etwa mit dem Beispiel der Community Kommunikator*innen besonders deutlich gezeigt werde. Das Wiener Integrationsmonitoring beobachte die Entwicklung der Stadt und auch der Stadtverwaltung. Eine weitere Säule der Integration in Wien seien die Menschenrechte, die sich wie ein roter Faden durch alle Geschäftsgruppen ziehen würden. Kein Mensch wolle, dass die gemeinsame Sprache verschwinde, doch damit alleine sei es nicht getan. Es brauche auch Teilhabe am Arbeitsmarkt und an politischen Entscheidungen. In Wien würden viele verschiedene Menschen leben, was viele Herausforderungen mit sich bringen würde. Lösungen könnten aber nur gemeinsam erreicht werden und nicht damit, dass Menschen zu Zielscheiben gemacht werden, so Akcay. Integration sei keine Einbahnstraße, je besser die Chancen für die Menschen in der Stadt seien, desto stärker sei auch die Bindung der Menschen an die Stadt. Mit aller Kraft würde auch gegen diejenigen vorgegangen, die gegen die Demokratie stehen – egal ob es Identitäre oder Graue Wölfe seien. Bei ÖVP und FPÖ würden alle geflüchteten Menschen in einen Topf geworfen – „das ist schlicht und einfach falsch“.

Auch GR Wolfgang Kieslich (Klubungebundener Mandatar) ortete ein „veritables Integrationsversagen“ in Wien und auch in ganz Österreich, genauso wie es ein Problem mit „kriminellen Ausländern“ gebe. Diese Zustände seien in Wien durch die SPÖ verursacht worden, meinte Kieslich. Die Kriminalitätsstatistik 2020 würde zeigen, „dass 52 Prozent aller Täter Ausländer sind – eine Steigerung in zehn Jahren von mehr als einem Drittel“. Seit dem Jahr 2000 würde die ÖVP – mit der Ausnahme von 18 Monaten – durchgehend den Innenminister stellen, deswegen sei die ÖVP für das „Ausländerproblem“ in Österreich verantwortlich, so Kieslich. Die Wiener ÖVP würde aber „alles toppen“: Karl Mahrer sei 20 Jahre lang Spitzenpolizist in der Stadt gewesen, „dann stellt er sich als Politiker hin und wundert sich über die Ausländer am Brunnenmarkt – das ist doch keine seriöse Politik“, meinte Kieslich. „Die ÖVP beweist seit über 20 Jahren, dass sie selber in der Integrationspolitik versagt hat, also werfen Sie der SPÖ das nicht vor“, schlug Kieslich vor. „Beenden Sie mit sinnvollen Maßnahmen auf Bundesebene diese Völkerwanderung“, verlangte Kieslich.

GR Hannes Taborsky (ÖVP) warf dem ehemaligen Innenminister Kickl (FPÖ) vor, dass dieser „überhaupt keine Abschiebungen zusammengebracht“ habe, während der jetzige Innenminister Karner (ÖVP) Abschiebeabkommen mit mehreren Ländern verhandelt habe. Bei Kindergärten sei die Stadt und nicht der Bund zuständig, die Stadt solle sich dem Problem Deutsch in Kindergärten widmen, statt Forderungen an den Bund zu stellen, verlangte Taborsky. Die Zuwanderung von Arbeitskräften über die Österreich-Card sei „okay“, aber die „Wirtschaftswanderung braucht keiner“. Ebenso wenig wie die „Staatsbürgerschaft zum Nulltarif“, die nur dem Schlepperwesen dienen würde. In allen Wiener Bezirken würde der Anteil ausländischer Straftäter mehr als die Hälfte betragen, ebenso signifikant sei der Anstieg bei der Jugendkriminalität. 2022 seien erstmals mehr als 10.000 jugendliche Straftaten angezeigt werden. Wenn die Polizei einschreite, sei es meist für die Jugendliche zu spät, hier stelle sich die Frage der sozialen Integration, die in der Kompetenz der Stadt Wien liegen würde. Am Beispiel Schweden könne man sehen, was durch Wegschauen passieren kann: Dort würden Jugendliche als Auftragskiller angeworben werden, damit Drogenbanden ihr Revier verteidigen. Als Gegenmittel habe ihm ein schwedischer Polizist als oberste Maßnahme das Erlernen der Sprache genannt, so Taborsky. Denn durch den Spracherwerb sei erst Bildung möglich. In Dänemark sei seit 2018 im „Ghettogesetz“ werde zwischen Zuwanderung aus westlichen und nicht-westlichen Ländern unterschieden, das Ziel sei dort keine Ghettos bis 2030. Wien würde an einem Scheideweg stehen: „Gehen wir den Weg, den Schweden genommen hat, oder den, den Dänemark gewählt hat – wegschauen oder hinschauen?“, fragte Taborsky.

GR Stefan Berger (FPÖ) ortete „schwere Nervosität“ bei der ÖVP wegen drohender Wahlniederlagen, die von Umfragen vorhergesagt würden. Anders als die ÖVP würde die FPÖ nicht bei Gegenwind einknicken, sagte Berger: Als Beispiel dafür nannte der FPÖ-Mandatar die Polemik rund um eine aktuelle Islamstudie der Uni Wien, die nach Kritik an mutmaßlich rassistischen Fragestellungen vom ÖVP-Bildungsminister abgeblasen worden sei. Auch Berger erinnerte wie seine Vorredner von der FPÖ an die niedrigen Asylzahlen während der Amtszeit von Innenminister Kickl und den „explodierenden Asylzahlen“ unter dem aktuellen ÖVP-Innenminister. Die ÖVP würde es verabsäumen „durchzugreifen“ und Maßnahmen gegen die Zustände zu setzen, die sie in Videos anprangern würde, kritisierte Berger. Er forderte mehr Polizei für „Brennpunkt-Bezirke“ wie Favoriten, Rudolfsheim-Fünfhaus und Brigittenau. Er ortete einen hohen Anteil an Kindern, die neun Jahre die Schule in Wien besuchen und wegen mangelnder Sprachkenntnisse und Mathematikkenntnisse am Arbeitsmarkt nicht vermittelbar seien; Wien hätte hier die „Rote Laterne“ im Bundesländer- und Städtevergleich in Österreich. Probleme bei der Integration müssten auch von der Stadtregierung erkannt werden; im Bund solle die ÖVP „echte Mitte-Rechts-Politik“ machen, das sei mit den Grünen als Koalitionspartner nicht möglich.

GR Markus Gstöttner, MSc (ÖVP) sagte, es sei klar, dass eine Debatte zum Thema Integration Emotionen bringt. Ein Teil der Emotion sei aber auch „kalkuliert“, die FPÖ habe kein Monopol auf das Thema. Es könne auch nicht an allem der Bund schuld sein. Der Chancenindex werde beispielsweise angewendet, die Stadt habe aber auch ihre Pflichten. In Richtung SPÖ sagte Gstöttner, die Zahlen aus dem Bericht zum Thema Arbeit, insbesondere bei Frauen mit Migrationshintergrund, könne „Ihnen nicht egal sein“. Er appellierte an die gemeinsamen Interessen beim Thema Integration und freute sich auf weitere Debatten.

Abstimmung: Die Anträge der Opposition fanden nicht die notwendige Mehrheit

Der öffentliche Teil der 38. Sitzung des Wiener Gemeinderats endete um 00.50 Uhr.

Service

In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates (INFODAT) unter www.wien.gv.at/infodat können Reden, Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden. Dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Videos und Originaldokumente (sofern elektronisch vorhanden) geboten. (Schluss) nic/gaa/ato

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