38. Wiener Gemeinderat (15) | PID Presse

Dringlicher Antrag

Wien (OTS/RK) Im Anschluss an die Tagesordnung wurde der „Dringlicher Antrag“ der ÖVP an Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) betreffend „Wiener Integrationsversagen“ debattiert.

GRin Mag. Caroline Hungerländer sagte in ihrer Begründung, der Anlass der „Dringlichen“ sei der neu vorliegende Segregationsbericht im Auftrag des Integrationsministeriums. Der Inhalt des Berichts zu Wien habe sie, Hungerländer, „als gesottene Integrationspolitikerin“ tatsächlich „erschüttert“. Wien habe seit der Fluchtbewegung 2015 am meisten Asylsuchende und Drittstaatsangehörige unter allen Bundesländern aufgenommen. Es finde eine regelrechte „Binnenmigration“ aus den Bundesländern von Syrer*innen und Afghan*innen statt – laut Hungerländer „eine Binnenmigration, in die Wiener Mindestsicherung“. Sie sah den „Pullfaktor“ der Wiener Sozialleistungen „schwarz auf weiß“ belegt: „Sobald jemand einen Aufenthaltstitel hat, packt er seinen Ranzen und kommt nach Wien“, sagte Hungerländer. Dass der Zuzug nach Wien mit den bestehenden Communities, an die Menschen Anschluss suchen, zusammenhängen könnte, sah Hungerländer nicht. In Wien fehle es an Zielen in der Integrationspolitik. Stattdessen gebe es entstehenden Parallelgesellschaften und Segregation, sagte Hungerländer. In der Integrationsstudie seien bundesweit Faktoren wie Demographie, Sicherheit, Bildung und Arbeitsmarkt in Bezirken mit hohem Anteil von Drittstaatsangehörigen verglichen worden. Die 18 Bezirke mit den meisten Drittstaatsangehörige seien in Wien, teilweise gebe es in einzelnen Grätzln hohe Konzentration von Drittstaatsangehörigen. Das belege, dass es Segregation gebe, argumentierte Hungerländer. Die Wiener Bezirke würden in den Faktoren Sicherheit, Bildung und Arbeitsmarkt schlechter abschneiden als die Bezirke mit hohen Drittstaatsanteil in den Bundesländern. „Integration in Wien funktioniert nicht, sie können das nicht mehr in Abrede stellen“, sagte Hungerländer. Die NEOS hätten die Integrationspolitik der SPÖ übernommen, die Stadtregierung habe versäumt auf Veränderungen zu reagieren. Sie kritisierte die Arbeit von „Start Wien“, eigentlich ein Vorzeigeprogramm der Stadt Wien, das aber laut Stadtrechnungshof keine Zielvorgaben habe oder messbare Ziele in Sachen Integration. Außerdem erreiche das Programm nur wenige Personen, kritisierte Hungerländer. Sie forderte ein höheres Integrationsbudget – allerdings müsse das Geld sinnvoll eingesetzt und Ziele gemessen werden. Sie forderte ein Ende der Binnenmigration in das Wiener Sozialsystem; Wien müsse weg vom Image als sicherer Hafen für Wirtschaftsmigrant*innen hin zu einer Stadt, in der Menschen gut integriert würden. Die Verhinderung von Segregation sei wichtig für die Integration; deshalb müsse auch ein Fokus auf Durchmischung auch in der Stadtplanung gesetzt werden. Die Migration in Wien sei in den letzten Jahren stark männlich dominiert, es brauche eigene Programme für junge Männer mit Migrationshintergrund, damit diese nicht in die Kriminalität abrutschen würden.

StR Karl Mahrer (ÖVP) kritisierte den Bezirksvorsteher des 20. Bezirks für seinen Kommentar zum „Macheten-Mord“ bei der U6-Station Jägerstraße. Er habe gemeint, es habe sich dabei um eine eine Abrechnung unter Kriminellen gehandelt und nicht um eine Frage der Integration. Der Stadtregierung warf Mahrer „Untätigkeit“ bei der Integration vor; Parallelgesellschaften seien laut Mahrer in verschiedenen Grätzln in Wien schon Realität. Alle Daten aus Studien wie dem Segregationsbericht würden bei Expert*innen „alle Alarmglocken schrillen lassen“ – auf diese Warnungen würde die ÖVP mit ihrer Politik eingehen. Die FPÖ hingegen sei keine Alternative bei der Sicherheitspolitik oder Integration, sagte Mahrer. Kickl habe damals als Innenminister versagt, meinte Mahrer. Bei Themen wie Migration brauche es europäische Lösungen; die habe die FPÖ bei ihrer Regierungsbeteiligung nicht gefunden, die ÖVP-Minister der aktuellen Regierung hingegen schon, merkte Mahrer an. Die SPÖ habe in den letzten Jahrzehnten in der Integrationspolitik versagt, meinte Mahrer. Sozialleistungen in Wien seien ein „Magnet“ für Migration und illegale Migration. In Wien würden 80.000 Personen mit Geburtsland Afghanistan, Syrien oder Iran oder dem Irak leben. Sie seien teils seit 2015 im Land, oft Männer, aber schlecht integriert, meinte Mahrer. In einzelnen Grätzln in Favoriten bestehe schon mehr als die Hälfte der Bewohner*innen aus Drittstaatsangehörigen; auch sei der Anteil der Menschen aus sogenannten Fluchtherkunftsländern bei den Arbeitslosen übermäßig hoch. Oft mangle es an Bildung und Integration. Statt zu handeln würde der zuständige Integrationsstadtrat den Bund als Schuldigen für das Integrationsversagen sehen. Wien stelle immer wieder Konzepte vor, setze aber dann keine Maßnahmen wie Sprachunterstützung an Kindergärten und Schulen um. Auch bei der Kriminalität liege der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen über dem Schnitt, sagte Mahrer. Bei Körperverletzung und Vergewaltigung seien Menschen aus Afghanistan gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil überrepräsentiert, gab Mahrer zu bedenken. Die Folgen des Versagens in der Integrationspolitik müssten auch jene tragen, die in Wien integriert werden wollen, sagte Mahrer. Er forderte eine Erschwerung der Binnen-Migration nach Wien; es brauche eine Wartezeit für die Mindestsicherung. Außerdem brauche es vorausschauende Statteilentwicklung und Gewaltprävention und spezielle Integrationsangebote für junge Männer, sagte Mahrer.

StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) meinte, Mahrer sei der beste Wahlhelfer für die FPÖ: Immer, wenn Mahrer Videos vom Brunnenmarkt und vom Reumannplatz mache, in denen er Kriminalität und No-Go-Areas anklagt, wüssten die Wähler*innen wo sie besser aufgehoben seien. Mahrer hätte als ehemaliger Polizeivizepräsident hier selbst handeln müssen, stattdessen habe er die freiheitliche Forderung nach mehr Polizei für Wien nicht unterstützt, sagte Nepp. Die ÖVP und Mahrer als ihr Chef brauche offenbar einen Bericht, um zu erkennen, dass es in der Stadt Probleme mit Segregation gebe – „Was haben Sie bisher gemacht, auch als ehemaliger Polizei-Vizepräsident?“, fragte Nepp. Anders als der FPÖ-Innenminister Kickl habe der aktuelle ÖVP-Innenminister es nicht geschafft, die Österreichischen Grenzen zu sichern, das zeige die Rekord-Anzahl an Asylanträgen, die im letzten Jahr gestellt wurden. Die SPÖ schaue weg, die ÖVP plakatiere nun, dass sie hinschaue – es brauche aber jemanden der endlich handelt, das sei aus Sicht von Nepp die FPÖ.

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) ortete im Problemaufriss der ÖVP „auch Punkte die ich unterschreiben könnte“, allerdings hätte die ÖVP auf anderer Ebene auch Möglichkeiten zu handeln und als Regierungspartei im Bund an den großen Schrauben zu drehen. So könne bei der Bildung angesetzt werden, meinte Bakos: In Österreich werde Bildung vererbt; Kindern mit Migrationshintergrund würden benachteiligt. Hier könne der ÖVP-Bildungsminister, mit dem von den NEOS geforderten Chancenindex ansetzen, um Schulen mit stärkeren Herausforderungen besser zu unterstützen. Auch bei der Sprachförderung hätte die ÖVP als in Verantwortung im Bildungsressort die Möglichkeit, ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr einführen. Die Werte- und Orientierungskurse seien auf 24 Stunden ausgebaut worden, betonte Bakos, diese 24 Stunden seien aber zu wenig. Andere Staaten wie Deutschland oder die Niederlande hätten ganz andere Lehrpläne für die Orientierung und Integration von zugewanderten Personen. Sie verteidigte die Integrationspolitik der Stadt, alle Maßnahmen würden evidenzbasiert getroffen und ausgewertet, sagte Bakos. Sie verwies auch auf den Integrationsbeirat, der die Stadtregierung berate. Die ÖVP fordere Gewaltprävention und zielgruppenspezifische Maßnahmen für junge Menschen, gegen entsprechende Projekte wie das Projekt „Respekt – gemeinsam stärker“ an Wiener Schulen stimme die ÖVP dann aber im Gemeinderat, kritisierte Bakos.

GR Nikolaus Kunrath (GRÜNE) zeigte sich überrascht über die Verwendung der Begriffe Parallelwelt und Integration im Segregationsbericht. Für ihn, Kunrath, sei Integration keine Einbahnstraße, dürfe nicht nur verlangt, sondern müsse auch angeboten werden. Die von der ÖVP verlangte Wartepflicht auf die Wiener Mindestsicherung erscheine ihm ebenso unverständlich wie die Bezeichnung des Brunnenmarkts als „Unsicherheitszone“. Der Bericht merke an, dass zugewanderte Menschen österreichischen Institutionen überdurchschnittlich vertrauen. „Seid doch offen für unsere Forderung, dass Wien ein sicherer Hafen wird“, verlangte Kunrath abschließend. (Forts.) ato/nic

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