1938 – Der „Anschluss“: „Kurt Schuschnigg: katholisch, diktatorisch, amerikanisch“ – ein Porträt des Bundeskanzlers

Am 9. März um 21.15 Uhr in ORF 2, danach: „Auf der Suche nach Hitlers Volk“

Wien (OTS) Im Rahmen des umfangreichen ORF-Zeitgeschichte-Programmschwerpunkts zum 80. Jahrestag der Geschehnisse rund um den „Anschluss“ im März 1938 (Details unter http://presse.ORF.at) widmet „Menschen & Mächte“ Bundeskanzler Kurt Schuschnigg ein filmisches Porträt – abseits jener Betrachtungen, die sich überwiegend mit den Märztagen 1938 beschäftigen. Andreas Novak und Gregor Stuhlpfarrer behandeln in „Kurt Schuschnigg: katholisch – diktatorisch – amerikanisch“ am Freitag, dem 9. März 2018, um 21.15 Uhr in ORF 2 seinen politischen Aufstieg ebenso wie seine Rolle als Justiz- und Unterrichtsminister; seine Gefangenschaft während der NS-Herrschaft und die Jahre in Amerika. Um 22.40 Uhr folgt Teil 1 des „Universum History“-Zweiteilers „Auf der Suche nach Hitlers Volk“.

Menschen & Mächte: „Kurt Schuschnigg: katholisch, diktatorisch, amerikanisch“ – 21.15 Uhr, ORF 2

„Gott schütze Österreich“ – ein geschichtsmächtiger und legendär gewordener Satz. Formuliert von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg am Abend des 11. März 1938 am Ende seiner Abschiedsrede im Radio. Die Nationalsozialisten hatten ihn zum Rücktritt gezwungen. Ebenso geschichtsträchtig ist eine andere, höchst patriotisch unterfütterte Botschaft knapp drei Wochen davor, eine bejubelte Parole angekündigter politischer Tatkraft, ausgegeben vor der Bundesversammlung im Wiener Parlament am 24. Februar 1938:
„Rot-weiß-rot bis in den Tod.“ Doch der Tod von „rot-weiß-rot“ kam schneller als vermutet. Schuschnigg selbst ist ihm entronnen, doch schon am 12. März 1938 wird er Gefangener des NS-Regimes. Und Österreich wird nicht geschützt. Der Herrschaft der Nationalsozialisten, dem folgenden Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust fielen mehr als 300.000 Österreicherinnen und Österreicher zum Opfer.

Schuschnigg wird Ende des 19. Jahrhunderts in eine altösterreichische adelige Offiziersfamilie hineingeboren. Nach der Schulzeit meldet er sich 1915 als Kriegsfreiwilliger. In den 1920er Jahren beginnt für den studierten Rechtsanwalt der steile politische Aufstieg: 1927 zieht er für die Christlich-Soziale Partei als Abgeordneter ins Parlament in Wien ein, 1932 wird er Justizminister. Als solcher unterstützt er ab 1932 den autoritären Kurs von Kanzler Engelbert Dollfuß, die Ausschaltung von Demokratie und Sozialdemokraten. Nach der Ermordung von Dollfuß durch Nationalsozialisten steht er an der Spitze des autoritären Ständestaates. Schuschnigg ist zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 36 Jahre alt. Fortan ist er oberster Hüter, Verwalter und Exekutor des von Engelbert Dollfuß konzipierten, nach Berufsständen geordneten, autoritär-katholischen Ständestaates. In dessen neuer Verfassung geht das Recht nicht mehr vom Volk, sondern von Gott aus. In Zeiten immer stärker erodierender Solidarität und Massenverelendung haben die Nationalsozialisten leichtes Spiel. Außenpolitisch steht die Befreiung aus dem Klammergriff Nazi-Deutschlands auf der Agenda, spätestens mit der Machtübernahme ist dieses Bemühen gescheitert.

Vom März 1938 bis zum Untergang des NS-Staates ist Kurt Schuschnigg einer der prominentesten Gefangenen Adolf Hitlers. Die Befreiung erlebt er 1945 als Häftling im KZ Sachsenhausen, nördlich von Berlin. Nach Kriegsende gibt es Widerstand gegen seine Rückkehr nach Österreich, nicht zuletzt von ehemaligen Gesinnungsfreunden aus der 1945 neu gegründeten ÖVP, die sich von Schuschnigg als eine Symbol-und Galionsfigur des Ständestaats abgrenzen möchten. So entscheidet er sich dazu, in die USA auszuwandern. Bis 1967 lebt er in St. Louis/Missouri, unterrichtet an einer Jesuiten-Universität und nimmt auch die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Die letzten zehn Lebensjahre bis 1977 verbringt er in seiner Heimat Tirol, in Mutters nahe Innsbruck.

Die Dokumentation macht eine Reihe von Faktoren sichtbar, die den Untergang Österreichs beschleunigt haben. Zu Wort kommt Kurt Schuschnigg selbst, der in einigen TV-Interviews in den 60er und 70er Jahren überwiegend zu den Märztagen 1938 Stellung genommen hat, ebenso Schuschniggs Sohn Kurt und Neffe Heinrich sowie ehemalige Studenten der Saint Louis University.

Universum History: „Auf der Suche nach Hitlers Volk“ – 9. und 16. März, jeweils 22.40 Uhr, ORF 2

Was machte Menschen zu Anhängern Hitlers? Als Angehöriger der Abteilung für Psychologische Kriegsführung der US-Armee kam Saul Kussiel Padover, 1905 in Wien geboren, Ende 1944 nach Deutschland. „Ich komme mir vor wie ein Ethnologe, der in das Gebiet eines unbekannten Stammes eindringt“, schrieb er damals. Tatsächlich hatte er das Selbstverständnis eines Forschers, der durch Gespräche mehr über die Mentalität der Deutschen herausfinden sollte. Die Aufzeichnungen, die seine Einheit während des Krieges verfasste, dienten als Grundlage für ein Buch, das er 1946 in den USA veröffentlichte – „Experiment in Germany: The Story of an American Intelligence Officer“.

Jahrzehnte nach dem Ende der NS-Diktatur gibt die Zeit von 1933 bis 1945 immer noch viele Rätsel auf: Was bestimmte die Wechselbeziehung zwischen „Führer“ und Volk? Warum richteten sich so viele Menschen selbstverständlich in der Diktatur ein? Auf Basis von Padovers autobiografischen Abhandlungen versucht „Universum History“ eine Antwort auf die Frage zu finden, warum ein Großteil der Deutschen immer noch loyal hinter dem „Führer“ stand, obwohl die Niederlage Deutschlands schon offenkundig war.

Aus der Innenperspektive der Diktatur, aus Akten, Tagebüchern, Briefen und Fotos bieten Einzelschicksale eine nachvollziehbare Vorstellung vom Alltagsleben in einem Staatsgefüge, das vielen Zeitgenossen den Anschein von Normalität suggerierte. Das in Wirklichkeit aber sämtliche Normen und Werte der Neuzeit außer Kraft gesetzt hatte, ein System mit Millionen Toten, mit systematischer Vernichtung in den Konzentrationslagern. Ebenfalls untersucht wird eine ganze Reihe an neu erschlossenen Privatfilmaufnahmen, die einen ungewohnten Einblick in die Wirklichkeit der damaligen Zeit ermöglichen.

In aufwendig gedrehten Reenactments zeichnen Peter Hartl und Alexander Berkel Saul Kussiel Padovers Forschungsreise durch Deutschland nach. Seine Interviews mit Anhängern Hitlers zeigen, wie es dem „Führer“ innerhalb kurzer Zeit gelang, das Land komplett umzubauen und auf seine Person hin auszurichten. Der neue „Führerstaat“ begünstigte eine neue Elite – anpassungswillige Beamte, Juristen, Künstler und Unternehmer starteten eine Blitzkarriere. In diesem Koordinatensystem stand die Loyalität zum „Führer“ an oberster Stelle, für kritisches Hinterfragen blieb kein Platz mehr.

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